zum Hauptinhalt
Rekruten und Rekrutinnen nehmen anlässlich des 66. Gründungs-jahres der Bundeswehr am feierlichen Gelöbnis vor der Villa Hammerschmidt in Bonn teil.

© imago images/Future Image

Von Optimierungen bis hin zur Pflicht für alle: Diese drei Wehrdienst-Modelle liegen Pistorius zur Entscheidung vor

Das Verteidigungsministerium hat drei Wehrdienst-Vorschläge erarbeitet, berichtet die „Welt“. Eines der Modelle sieht eine „geschlechtsneutrale Wehrpflicht“ vor.

Verteidigungsminister Boris Pistorius wurden aus seinem Ministerium offenbar drei Vorschläge für mögliche Wehrpflicht-Modelle vorgelegt. Das geht aus einem Bericht der „Welt am Sonntag“ hervor, die sich auf Dokumente des Verteidigungsministeriums beruft.

Dass der Verteidigungsminister die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland als einen „Fehler“ ansehe, den er korrigieren wolle, erklärte Pistorius jüngst auf seiner USA-Reise, wo er erneut seine Forderung nach einer Wehrpflicht in Deutschland bekräftigte. „Ich bin der Überzeugung, dass Deutschland eine Art der Wehrpflicht benötigt“, erklärte er am Donnerstag in einer Rede an der Hopkins-Universität in Washington.

Der „Welt am Sonntag“ zufolge habe das Verteidigungsministerium Boris Pistorius die Vorschläge bereits in der vorigen Woche bei einer Leitungsklausur präsentiert. Nun sollen die Optionen im Detail weiter ausgearbeitet werden, heißt es.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

1. Modell: Freiwilliger Wehrdienst

Der erste Vorschlag sieht keinen Pflichtdienst, sondern eher eine „Optimierung des Status quo“ vor, heißt es in dem Bericht. Dabei sollen sämtliche Möglichkeiten des freiwilligen Wehrdienstes ausgeschöpft werden.

Das Modell sieht vor, dass zunächst alle „Staatsbürger mit Erreichen des 18. Lebensjahres“ erfasst werden und Informationsmaterial zugeschickt bekommen. Online können die Bewerber schließlich freiwillig einen Fragebogen ausfüllen, „der sowohl die Einschätzung der eigenen psychischen als auch die physische Fitness sowie persönliche Einstellung und die Motivation zum Wehrdienst erfasst“, heißt es in dem Papier.

Durch die „frühzeitige Kontaktaufnahme“ eines ganzen, rund 750.000 junge Menschen umfassenden Jahrgangs sollen sich mehr Freiwillige „interessieren und bewerben“.

Dieses Modell wird von den Fachleuten allerdings nicht empfohlen. „Option 1 ist im Sinne der Bedarfsdeckung am wenigsten erfolgversprechend“, heißt es in dem Bericht. Demnach bestehe das Risiko, „dass keine ausreichende Zahl von Bewerbenden angesprochen wird“. 

2. Wehrpflicht-Modell: Fragebogen verpflichtend für Männer

Der zweite Vorschlag des Ministeriums sieht die „Wiedereinführung einer grundgesetzkonformen Auswahlpflicht“ vor, um einen jährlichen Bedarf zwischen 30.000 und 40.000 Rekruten zu decken. Demnach sollen das Ausfüllen des Online-Fragebogens und eine eventuelle Musterung für Männer verpflichtend werden. Frauen sollen weiterhin auf freiwilliger Basis angeschrieben werden, heißt es in dem Vorschlag.

Der Effekt soll bedeutend sein, so die Experten. „Gegenüber unseren Partnern in Europa, systemischen Rivalen sowie im Bündnis ist die Reaktivierung als Auswahlwehrpflicht ein starkes politisches Signal“, heißt es in dem Papier. Der zweite Vorschlag wird vom Ministerium auch „aus personalplanerischer Sicht als geeignet bewertet, um die derzeitigen Bedarfsdeckungsdefizite zu schließen“.

Die Umsetzung sei ohne Verfassungsänderung möglich. Lediglich eine Anpassung des Wehrpflichtgesetzes sei demnach ausreichend. Allerdings müsse im Zuge dessen auch der Zivildienst wieder eingeführt werden, heißt es. „Die Reaktivierung der Wehrpflicht hat zwangsläufig zur Folge, dass das Zivildienstgesetz reaktiviert werden muss“. 

3. Modell: Wehrpflicht für Männer und Frauen

Als dritte Möglichkeit wird Pistorius eine „geschlechtsneutrale Wehrpflicht“ vorgeschlagen, der in einem zweiten Schritt eine „Allgemeine Dienstpflicht“ folgen soll. Der Online-Fragebogen soll demnach von allen Männern und Frauen ab 18 Jahren zwingend ausgefüllt werden.

Die Experten verweisen beim dritten Modell auf den möglichen Vorteil, dass in diesem Fall ein kompletter Jahrgang zur Verfügung stünde. Entsprechend könne man bei der Auswahl „im Wesentlichen auf eine hohe Freiwilligkeit“ setzen, so die Begründung.

Eine Soldatin der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz im brandenburgischen Lehnin.

© dpa/Ralf Hirschberger

Anschließend könne „die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht diskutiert werden“, heißt es weiter. Dabei ginge es nicht nur um die Bundeswehr, sondern auch um Feuerwehren, Sanitätsdienste oder das Technische Hilfswerk. Mit einer allgemeinen Dienstpflicht sei die Frage der Wehrgerechtigkeit als unproblematisch einzustufen. Verzichte man allerdings darauf, so werde die Wehrgerechtigkeit als „kritisch“ bewertet, heißt es.

Wehrpflicht-Modelle: Kostenpunkt noch offen

Der „Welt am Sonntag“ zufolge bleibe die Kostenfrage in den Papieren noch offen. Spätestens Anfang Juni wolle Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) seine Entscheidung präsentieren, heißt es.

Der CDU-Bundesparteitag hatte sich unter anderem dafür ausgesprochen, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht mit Blick auf die Bedrohung aus Russland wieder in Kraft zu setzen. Bis zur Umsetzung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres solle eine Kontingent-Wehrpflicht eingeführt werden.

Der Verteidigungsminister sagte am Mittwoch am Rande seines USA-Besuchs auf die Frage, ob er bereits Kontakt zur Union aufgenommen habe, weil sich seine und deren Vorstellungen ähneln: „Ich freue mich, dass die Union auf einem ähnlichen Weg unterwegs ist, wie ich das bis jetzt erarbeitet habe.“ Gespräche würden aber noch nicht geführt, er sei im Gespräch mit dem Kanzleramt und den Koalitionspartnern. (Tsp./AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false