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Karl Riemeck wird nicht kommen. Alec Leamas (Richard Burton) wartet vergeblich am Checkpoint Charly.

© Stiftung Deutsche Kinemathek

„Kaltstart“ (Folge 5): Zwischen allen Fronten

Dieser Winter macht zu schaffen. Auch bei uns. Heizen kostet mehr denn je. Eine gute Gelegenheit, zwischen den Jahren über die Kälte nachzudenken, über eisige Momente im Leben wie in den Künsten.

Eine Kolumne von Kurt Sagatz

Alles Lug und Trug, selbst der Titel von „Der Spion, der aus der Kälte kam“ suggerierte etwas, was weder das Buch von John le Carré noch der Film von Martin Ritt einlösten. Denn in der Hochphase des Machtkampfs zwischen dem Ost- und dem Westblock kamen in diesem Genre-Meisterwerk die Agenten eben nicht aus der alles umgebenden Kälte zurück. Weder Karl Riemeck am Checkpoint Charly noch Alec Leamas am Berliner Todesstreifen.

Der MI6-Agent ihrer Majestät, unvergesslich dargestellt von Richard Burton, muss zum Schluss die Sinnlosigkeit all seiner Anstrengungen erkennen. Nicht nur, dass er mit Mundt den falschen Mann ans Messer geliefert hat. Auf seine gradlinige Weise eines überzeugten Kommunisten war er weniger falsch als sein Gegenspieler beim ostdeutschen Geheimdienst.

Keine Rücksicht auf Unschuldige

Es war nicht einmal klar, ob nun Peter van Eyck als Fiedler oder sogar Cyrill Cusack als MI6-Chef der kälteste Krieger in dieser Erzählung war. Fest stand nur, dass beiden Seiten kein Preis zu hoch war, um den anderen zu schwächen. Egal, wie viele unschuldige Opfer es fordert oder ob es sich dabei sogar um die Geliebte des Protagonisten handelt.

Bei John le Carré gibt es keine moralische Überlegenheit, weder in „Der Spion, der aus der Kälte kam“ noch später in „Das Rußlandhaus“ oder einem der anderen George-Smiley-Romane. Wie viel daran war Metapher und Analogie? Gab es so etwas wie eine Botschaft? Und warum waren gerade seine Agenten-Romane mit den gescheiterten Anti-Helden so erfolgreich?

Genauso fraglich ist, ob sich daraus für die Gegenwart eine Parallele ableiten lässt – außer der, dass die Welt heute – mit Globalem Süden, nach Dominanz strebendem China, einem wiedererwachten russischen Bären und einer gespaltenen US-amerikanischen Nation – noch stärker fragmentiert erscheint als die Welt in den 1960er Jahren.

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