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Bundeskanzler Scholz bei einer Rede in Santiago de Chile.

© AFP/JAVIER TORRES

„Es ist dazu jetzt wirklich alles gesagt“: Scholz kritisiert Debatte über Kampfjet-Lieferungen

Vom fernen Chile aus warnt der Kanzler erneut vor einem „Überbietungswettbewerb“. Zudem fordert er eine „seriöse Debatte“. Damit kritisiert er indirekt auch seine Parteichefin.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit Unverständnis auf die anhaltende Diskussion über die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine reagiert. „Es ist dazu jetzt wirklich alles gesagt - auch von mir“, sagte Scholz am Sonntag bei seinem Besuch in Chile. „Es ist eigenwillig, dass diese Debatte geführt wird.“

Angesichts dessen warnte Scholz in Santiago de Chile erneut vor einem „Überbietungswettbewerb“, bei dem „innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen“. Bei einem derart wichtigen Thema müsse es „um Sachfragen gehen, um rationale Abwägungen“, betonte der Kanzler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chilenischen Präsidenten Gabriel Boric.

Die Debatte um die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine ist seit vergangener Woche in Gang - seit dem Beschluss mehrerer westlicher Staaten, dem von Russland angegriffenen Land Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung will Panzer des Typs Leopard abgeben und hat auch anderen Ländern die Lieferung des in Deutschland produzierten Panzern freigestellt.

Nach diesen Zusagen hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unter anderem Kampfflugzeuge erbeten. Scholz und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) lehnen dies ab. Nötig sei eine „seriöse Debatte, in der das entschieden wird, was zu entscheiden ist“, sagte er.

Er habe bereits kurz nach Kriegsbeginn zusammen mit US-Präsident Joe Biden Flugverbotszonen ausgeschlossen, weil das zu einem Konflikt zwischen Russland und der Nato geführt hätte. Auch „solche unsinnigen Ansinnen“ wie die Entsendung von Bodentruppen seien abgelehnt worden.

Es ist eigenwillig, dass diese Debatte geführt wird.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

SPD-Chefin Saskia Esken wollte sich in der Frage zu Kampfjets hingegen nicht festlegen. „Es kommt ganz entscheidend darauf an, dass Deutschland und dass auch die Nato nicht Kriegspartei wird“, sagte sie am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Die Bundesregierung sei in sehr enger Abstimmung gerade mit den USA. Es komme entscheidend darauf an, die aktuelle Situation immer wieder zu bewerten, sagte Esken.

Scholz betonte bei seinem Besuch in Chile, die Bundesregierung habe sich seit Beginn des Kriegs dafür eingesetzt, „dass es nicht zu einer Eskalation des Konfliktes“ komme. „Denn das würde die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen, wenn das zu einem Krieg führte, der zum Beispiel zwischen Russland und Nato-Staaten geführt wird. Das wird nicht passieren, das werden wir mit aller Kraft verhindern, das haben wir auch die ganze Zeit verhindert und werden es weiter tun.“

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Zudem erinnerte Scholz daran, dass der russische Angriffskrieg „keine rein europäische Angelegenheit, sondern eine Herausforderung für die internationale Ordnung insgesamt“ sei. Der Krieg habe weitreichende Folgen etwa mit Blick auf die Rohstoffpreise und die Ernährungssicherheit.

Es dürfe nicht akzeptiert werden, „dass ein großes Land seinem kleineren Nachbarn mitteilt, dass es einen Teil seines Territoriums sich aneignen will“, sagte Scholz. Er lobte „Chiles sehr klare Haltung bei der Verurteilung der russischen Aggression“. Scholz absolviert derzeit seine erste Südamerika-Reise als Kanzler, die ihn am Samstag zunächst nach Argentinien geführt hatte. Am Sonntag reiste er dann nach Chile weiter.

Deutschland und Chile wollen Colonia Dignidad-Gedenkstätte

Der Kanzler sagte der chilenischen Regierung Unterstützung beim Aufbau einer Gedenkstätte für die Opfer der früheren Sektensiedlung Colonia Dignidad zu. Scholz und Boric bekundeten bei ihrer gemeinsamen Presskonferenz die Absicht, die Geschichte der Colonia Dignidad aufzuarbeiten.

In der 1961 gegründeten sektenartigen Siedlung wurden zur Zeit der Militärdiktatur von Augusto Pinochet in den Jahren 1973 bis 1990 Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet. Die Siedlung war von dem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten und Laienprediger Paul Schäfer gegründet worden.

„Wir wissen, wie sensibel das ganze Thema ist“, sagte Scholz zum Aufbau der Gedenkstätte. Die Bundesregierung werde „mit aller Zurückhaltung“ ihre Unterstützung anbieten.

Am Montag will der Bundeskanzler an einem deutsch-chilenischen Wirtschaftsforum teilnehmen. Anschließend reist er nach Brasília weiter. Brasilien ist die letzte Station seiner viertägigen Reise. Bei den Gesprächen mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva soll es insbesondere um den Klimaschutz, um eine Zusammenarbeit bei der Energiepolitik und bei grünem Wasserstoff sowie um die Verteidigung der Demokratie gehen. (AFP, dpa)

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