zum Hauptinhalt
Wahlhelfer und Wahlhelferinnen zählen in einem Wahllokal Stimmzettel für die Bundestagswahl.

© dpa / Sebastian Gollnow

Wiederholung der Berlinwahl: Stell Dir vor, es ist Wahl, aber Deine Stimme hat keinen Sinn!

Neben dem Abgeordnetenhaus wird auch in allen Berliner Bezirken neu gewählt. Doch die Bezirksregierungen sind kaum abwählbar. Die CDU will das ändern - die Koalition genießt die alte Regelung.

Ein Kommentar von Julius Betschka

Stell Dir vor, es ist Wahl, aber deine Stimme hat keinen Sinn. Wie bitte? Ja, genau: Die Wahl wird nämlich auch in allen 12 Bezirken wiederholt. Man könnte annehmen, dass die eigene Stimme dann auch über die Bürgermeister und Stadträte entscheidet. Aber das tut sie nicht.

Weil die Legislaturperiode offiziell weiterläuft, sind die bezirklichen Verwaltungschefs nur mit Zweidrittelmehrheiten von den Bezirksverordneten abwählbar. Der Wählerwille am 12. Februar setzt sich in den Bezirken also überhaupt nicht in exekutive Politik um.

In den Bezirken entscheiden nicht Koalitionen von Parteien über die Besetzung von Stadträten und Bürgermeistern. Die Posten werden im D’hondt-Verfahren nach der Zahl der Wählerstimmen verteilt. Dieses Prinzip ist bei der Wiederholungswahl durch die kaum mögliche Abwahl außer Kraft gesetzt. Es scheint wie ein weiterer Schildbürgerstreich bei einer Wiederholungswahl, die doch eigentlich das Vertrauen in die Demokratie stärken sollte.

Die CDU hat nun drei Wochen vor der Wahl eine Idee entwickelt, das zu ändern. Die Bezirksverwaltungschefs würden demnach neu gewählt, die alten Amtsinhaber erhielten aber bis Ende der Legislatur einen großen Teil ihrer Bezüge wie bei vorgezogenen Neuwahlen üblich ist. Das ist eine elegante Lösung, die aber wohl deutlich zu spät kommt.

Die Koalition hatte dieses Thema nicht einfach übersehen. Den drei Parteien kommt die bisherige Regelung sehr gelegen: SPD, Grüne und Linke stellen zusammen alle zwölf Bezirksbürgermeister. Die CDU hat keinen einzigen mehr. Für die Grünen kommt als I-Tüpfelchen hinzu, dass sie die meisten Verkehrsstadträte stellen.

Ein Beispiel: Die schnelle Umwidmung der Friedrichstraße zur Fußgängerzone war nur deshalb möglich, weil Bürgermeisterin und Verkehrsstadträtin des Bezirks Mitte zu den Grünen gehören und das ermöglicht haben. Solche Wahlkampfgeschenke für Verkehrssenatorin Bettina Jarasch wären von Stadträten anderer Parteifarbe nicht zu erwarten.

Die Linke argumentiert, dass im Fall der Bezirksverwaltungschefs das Beamtenrecht gegen das Demokratieprinzip steht. Übersetzt heißt das: Die Koalition steht bislang lieber hinter ihren Wahlbeamten als hinter einem wirksamen Wahlrecht der Berliner. Das Motto: Noch ‘ne Wahl? Is’ mir egal.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false