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Im Science Center Spectrum des Deutschen Technikmuseum können Kinder und Jugendliche naturwissenschaftliche Phänomene spielerisch erkunden.

© SDTB/Foto: C. Kirchner

Berliner Mitmach-Museum „Spectrum“: Ein Haus voller Experimente

Ausprobieren, anfassen, staunen: In der Mitmach-Abteilung des Technischen Museums können Kinder und Jugendliche naturwissenschaftliche Phänomene spielerisch erkunden. Das macht auch Erwachsenen Spaß.

Max legt seine Hand auf eine runde Platte aus Kupfer, die rechte auf eine ebenso große Scheibe aus Aluminium daneben. Der Zeiger am Messgerät schlägt aus. „Da fließt jetzt Strom durch dich durch“, sagt seine Mutter und liest doch noch mal auf dem Schild nach. „Feuchte Haut leitet Strom besser. Ahaaa“, liest sie noch. Doch ihr Sohn ist schon längst bei der nächsten Mitmach-Station.

Experimente gibt es im „Science Center Spectrum“ in Kreuzberg so viele, dass man sie kaum alle an einem Nachmittag schaffen kann. Auf vier Etagen können Kinder ab vier Jahren und Jugendliche hier an mehr als 150 interaktiven Objekten naturwissenschaftliche Phänomene erkunden.

Ein Museum zum Anfassen und Spielen

Das Spectrum gehört zum Deutschen Technikmuseum Berlin, ist aber in einem separaten Gebäude untergebracht. Wer links vom Haupthaus abbiegt, findet den Eingang gleich am Anfang der Ladestraße, die zum Gleisdreieckpark führt, in einem Backsteinhaus, das vor 100 Jahren einmal zum Anhalter Güterbahnhof gehörte.

Früher Verwaltung, heute hallt Kinderlachen über die Flure: Im Experimentierhaus des Deutschen Technikmuseums lässt sich Wissenschaft erleben.

© SDTB/Foto: C. Kirchner

Das Spectrum ist kein Museum, durch das man andächtig schreitet, sondern eine Art riesige Spielvilla, in der es ziemlich wuselig zugeht. Kinder und Jugendliche drücken Knöpfe, ziehen Hebel oder drehen Kurbeln, rennen mit Stiften und Blöcken umher, blicken auf Bildschirmen in den Sternenhimmel, hängen sich an Taue oder spielen per Laser Gitarre. Hier mischen sich Familien und Schulgruppen, Teenies, die kichern und Eltern, die eifrig hinterher sind, dass ihre Kinder auch etwas lernen: „Das sind nicht nur Holzwürfel, da geht es auch um radioaktiven Zerfall.“

Die Ausstellung ist in acht verschiedene Bereiche unterteilt, Elektrizität und Magnetismus, Kraft und Energie, Mikrokosmos und Makrokosmos, Sehen und Wahrnehmen, Musik und Hören, Licht und Sehen, Wärme und Temperatur und Mechanik und Bewegung.

Wissen durch Reizüberflutung

Silke Panzig aus Reinickendorf ist mit ihren Kindern Hanno (5) und Emilia (7) zum ersten Mal im Spectrum. Nach einer ersten Phase der Orientierung, in der sie sich ein bisschen „reizüberflutet“ gefühlt habe, gefalle es ihr sehr gut. „Das Angebot ist so groß, dass die Kinder erst mal nirgendwo lange stehengeblieben sind, sondern wie wild von einem zum nächsten gelaufen sind“, sagt sie. Jetzt seien sie aber noch einmal zu den Experimenten zurückgekehrt, die sie besonders toll fanden und hätten sich etwas eingehender damit beschäftigt. Dazu gehörte der Lichtmischer, bei dem die Kinder über das Drehen von Knöpfen drei Farbkreise auf der Wand verändern können, um so neue Farben zu mischen. 

Manchmal, fügt Silke Panzig hinzu, verstehe sie die wissenschaftlichen Hintergründe der Experimente nicht gut genug, um sie ihren Kindern erklären zu können, auch, wenn die Erklärtexte an den Stationen durchaus in leichter Sprache verfasst seien. „Ich war aber auch früher keine Leuchte in Physik“, setzt sie hinzu und lacht.

Es ist auch gar nicht nötig, alle naturwissenschaftlichen Zusammenhänge der einzelnen Experimente voll und ganz zu durchdringen. Das Spectrum besticht dadurch, dass man vieles direkt erleben und beobachten kann. Wenn es im Bereich zu Elektrizität surrt, brummt und knallt und man auf Knopfdruck beobachten kann, wie ein Blitz entsteht, braucht man keine Theorie, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was Ladung ist.

Hier steht auch die Energiemaschine, ein riesiges Gebilde aus allerlei Ketten, Spiralen, Schwungrädern und Aufzügen, die kleine Kügelchen transportieren. Die Maschine lässt sich im Raum von verschiedenen Orten aus in Gang setzten. Jede Station erzeugt auf andere Weise Energie: Entweder mit Luftantrieb, mit Wasser, Licht und Solarzelle oder einem Stirling-Motor.

Dynamisches Erkunden statt starre Exponate

Auffällig im Spectrum ist: Die Kinder und Jugendlichen sind immer in Bewegung. Sie gehen um die Versuchstische herum, gucken von allen Seiten, von unten und oben, setzen sich, stehen wieder auf, stürmen zur nächsten Station. Viele Experimente soll man mit einem Partner oder einer Partnerin machen. Es gibt eine Drehscheibe wie auf dem Spielplatz und eine Partnerschaukel, auf der man lernen kann, wie sich Schwingung überträgt. In Sachen Schwingungen erfährt man gleich daneben auch etwas über den Berliner Fernsehturm: Der schwankt bei starkem Wind nämlich kaum hin und her, weil ein Schwingungstilger die Bewegungen dämpft.

Sehr beliebt ist auch das Hexenhaus, das sich um sich selbst dreht und damit die Sinne und die Wahrnehmung seiner Besucher:innen auf die Probe stellt. Wer schon einmal in einem Zug saß und auf dem Nachbargleis eine andere Bahn anfahren sah, kennt das Phänomen: Man hat das Gefühl, dass der eigene Zug fährt, obwohl er die ganze Zeit still steht. So geht es auch den Besucher:innen des Hexenhäuschens. Der Hintergrund: Der Mensch tendiert dazu, die bewegte Umgebung als ruhendes Bezugssystem aufzufassen.

Im Hexenhaus des Spectrum wird die Wahrnehmung von Bewegung auf die Probe gestellt.

© SDTB/Foto: C. Kirchner

Mehr Interaktion auch für das Technikmuseum

Das Spectrum ist eines der ältesten seiner Art in Deutschland. Schon bei der Eröffnung des Deutschen Technikmuseums im Jahr 1983 gab es eine Abteilung zum Experimentieren und Mitmachen. Später zog diese in das heutige Gebäude und wurde 2013 modernisiert.

Nachdem die Besucherzahlen im vergangenen Jahr noch nicht auf Vor-Corona-Niveau waren, werden sie 2023 voraussichtlich darüber liegen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen bereits 86.600 Besucher:innen, hochgerechnet könnten es in diesem Jahr also mehr als 250.000 werden.

Vor allem in den Ferien und am Vormittag ist das Spectrum sehr gut besucht. Wer kommen will, wenn es etwas ruhiger zugeht, sollte lieber den Nachmittag wählen. „Insbesondere freitags – da ist am wenigsten los“, sagt Tiziana Zugaro, Sprecherin der Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin.

Aktuell tüfteln die Mitarbeiter:innen an einem Konzept das Spectrum zu erweitern und stärker mit dem Haupthaus nebenan zu verknüpfen. „Wir wünschen uns mehr Spectrum im ganzen Museum“, sagt Tiziana Zugaro.

Neben der Dauerausstellung gibt es im Schülerlabor regelmäßig Workshops für Gruppen und Schulklassen. Mit Zange und Lötkolben bauen Kinder und Jugendliche hier funktionsfähige Elektromotoren nach oder experimentieren mit den Nachbauten historischer Versuchsanordnungen von berühmten Wissenschaftlern. Noch bis September 2023 ist außerdem die Sonderausstellung „Reparieren“ mit vielen Mitmach-Angeboten und Workshops zu sehen. Auf 500 Quadratmetern zeigt sie die Bedeutung des Reparierens im Hinblick auf Klimakrise und Wegwerfgesellschaft.

Und manche Kinder verfallen im Spectrum anscheinend so sehr in Forscherlaune, dass sie grundsätzlich alles für ein Experiment halten. So macht sich ein kleines Kind über einen schwarzen Apparat an der Wand her, bevor der Vater einschreitet. „Du, nee, das ist kein Experiment. Das ist ein Diensttelefon.“

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