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Wirtschaft: US-Börsenexperten bremsen ihren Optimismus Verbaucher in der Schuldenfalle Dauer des Irak-Konflikts ungewiss

New York (tmo/HB). Die gute Nachricht zuerst: Die meisten Bankexperten erwarten, dass die USBörsen dieses Jahr steigen.

New York (tmo/HB). Die gute Nachricht zuerst: Die meisten Bankexperten erwarten, dass die USBörsen dieses Jahr steigen. Und die schlechte: Das Gleiche haben sie in den vergangenen drei Jahren auch erwartet. Nur kam es dann doch anders. Vielleicht garnieren deshalb viele US-Anlagestrategen ihren Optimismus dieses Jahr mit zahlreichen Hinweisen auf Risiken und Nebenwirkungen.

Ganz vorne auf der Liste der möglichen Spielverderber für die Finanzmärkte steht – nein, nicht der Irakkrieg –, sondern die US-Verbraucher. Sie halten seit Jahren durch ihre schier unstillbare Kauflust die Konjunktur am Laufen. David Rosenberg, neuer US-Chefvolkswirt der Investmentbank Merrill Lynch, fürchtet, dass den Konsumenten bald die Puste ausgeht. „Zum ersten Mal seit sechs Jahren dürfte die US-Verbrauchernachfrage 2003 langsamer wachsen als die Gesamtwirtschaft“, sagte Steinberg bei einer Präsentation des Merrill-Ausblicks in New York. Er fürchtet, dass die Konsumenten 2003 anfangen, ihre Schulden abzubauen oder zumindest weniger neue Kredite aufnehmen. Dazu müssten sie mehr sparen – und zwangsläufig weniger konsumieren.

Für die US-Aktienmärkte würde das nichts Gutes bedeuten. Merrills oberster US-Anlagestratege, Richard Bernstein, hält sogar ein viertes Baisse-Jahr an der New Yorker Börse für möglich. „Unsere Berechnungen sprechen für einen Rückgang des S&P-500-Index um fünf Prozent über die nächsten zwölf Monate", erklärte er. Damit hebt Bernstein sich von seinen Konkurrenten ab, die praktisch alle steigende Kurse vorhersagen. Das wiederum ist für Bernstein nur ein weiterer Grund zur Skepsis. Die Stimmung an der Wall Street sei trotz der langen Baisse immer noch „hoch spekulativ“. Und das sei keine gute Ausgangsbasis für einen dauerhaften Kursaufschwung.

Kleine, aber positive Erträge

Positiver äußern sich die Experten der New Yorker Investmentbank Morgan Stanley. Deren US-Stratege Steve Galbraith rechnet für 2003 mit moderaten, aber immerhin positiven Erträgen für Amerikas Börsen. Noch ein wenig optimistischer klingt der Ausblick von JP Morgan, der Investmentsparte der zweitgrößten amerikanischen Bank JP Morgan Chase. Deren US-Stratege Carlos Asilis rät, Aktien im Vergleich zu Anleihen und Barreserven stärker zu gewichten. Regional bevorzugt JP Morgan die USA gegenüber Europa. Doch auch Asilis dämpft seinen Optimismus, indem er Risiken und Chancen für die Finanzmärkte fein austariert.

So sieht der JP-Morgan-Experte die gebremste Konjunkturdynamik in den USA als Ausdruck eines Spannungsfeldes zwischen kurzfristigen positiven Einflüssen und längerfristigen Belastungsfaktoren. Dazu zählt Asilis – wie seine Kollegen von Merrill Lynch – die angespannte Finanzlage vieler US-Verbraucher. Und natürlich beschäftigt die Gefahr eines neuen Irakkrieges alle US-Strategen. Merrill Lynch hat einen kurzen, aus US-Sicht erfolgreichen Krieg bereits in seine Prognosen eingebaut. US-Chefvolkswirt Rosenberg nimmt als wahrscheinlichstes Szenario an, dass sich die Kampfhandlungen auf das erste Quartal beschränken.

Andere Banken wie die Finanzgruppe HSBC gehen in ihren Prognosen von „anhaltender politischer Unsicherheit“ aus, ohne explizit einen Irakkrieg einzukalkulieren. Konsens ist unter den Strategen, dass „das Szenario eines kurzen Krieges nur wenig anders aussieht als gar kein Krieg“, wie HSBC es ausdrückt. JP Morgan meint, dass selbst ein starker Anstieg des Ölpreises durch einen längeren Irakkonflikt kaum direkte Auswirkungen auf die US-Konjunktur hätte. Für die Börsen seien indirekte, schwer zu kalkulierende Aspekte wichtiger, etwa eine Flucht von Investoren aus riskanten Anlageformen. Positiv wirken laut JP Morgan indes die Zinssenkungen der US-Notenbank und das Konjunkturprogramm der US-Regierung.

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