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Wirtschaft: Urlaub ohne Geld

Nicht einmal jeder zweite Arbeitnehmer bekommt Urlaubsgeld / Frauen schneiden schlecht ab.

Berlin - Wer hat, dem wird gegeben. Zum Beispiel Urlaubsgeld. Je größer das Einkommen, umso höher auch das Urlaubsgeld. Und im Westen gibt es mehr als im Osten und für Frauen weniger als für Männer. Alles in allem bekommt in diesem Jahr weniger als die Hälfte der Beschäftigten von ihrem Arbeitgeber ein Urlaubsgeld gezahlt. Nach einer Online-Umfrage der gewerkschaftseigenen Hans- Böckler-Stiftung, an der sich mehr als 20 000 Arbeitnehmer beteiligten, bekommen rund 46 Prozent der Beschäftigten anlässlich des Urlaubs noch eine Extrazahlung. Aufgrund der noch immer ziemlich robusten Wirtschaftslage gibt es in vielen Branchen mit Tarifbindung einen Zuwachs: „Verglichen mit 2011 ist das tarifliche Urlaubsgeld in acht der untersuchten Branchen gleich geblieben, in elf Bereichen dagegen angestiegen“, schreibt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Böckler-Stiftung (WSI) am Dienstag in einer Übersicht zu Urlaubsgeld und -dauer.

Die Höhe der Sonderzahlung hängt von diversen Einflüssen ab. „Je größer der Betrieb, umso eher gibt es Urlaubsgeld“, schreibt das Institut. In Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten bekommen 56 Prozent der Arbeitnehmer Urlaubsgeld, in Betrieben mit weniger als 100 Leuten sind es nur 38 Prozent. Ähnlich groß ist die regionale Differenz: In den „reichen“ Westländern zahlen die Firmen der Hälfte der Belegschaft Urlaubsgeld, im Osten nur 31 Prozent.

Dieser Umstand erklärt sich mit der überhaupt schwächeren Einkommenssituation und der geringen Tarifbindung in den neuen Bundesländern. Denn die Wahrscheinlichkeit auf ein Urlaubsgeld steigt um fast 25 Prozent auf 59 Prozent, wenn die Firma nach Tarif zahlt. Und in Ostdeutschland ist die Tarifbindung deutlich geringer als im Westen.

Auch Frauen arbeiten relativ selten nach Tarif: Nur 40 Prozent von ihnen bekommen die Sonderzahlung, bei den Männern sind es 50 Prozent. Das hängt wiederum zusammen mit der Tätigkeit der Frauen, die oft „in den falschen Branchen arbeiten“, wie Reinhard Bispinck vom WSI sagt. In den gut verdienenden Industriebereichen sind Frauen deutlich seltener beschäftigt als in den schlecht verdienenden und selten unter eine Tarifbindung fallenden Dienstleistungsbranchen. Ferner sind Frauen häufiger in kleinen und mittleren Unternehmen tätig als Männer und arbeiten dazu auch noch mehr in Teilzeit- oder Minijobs.

Je höher das Einkommen, umso eher erhalten die Beschäftigten Urlaubsgeld: „Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen 1000 und 2000 Euro kommen nur 34 Prozent in den Genuss, in der Einkommensklasse von 2000 bis 3000 Euro sind es immerhin 49 Prozent. Zwischen 4000 und 5000 Euro bekommen 56 Prozent der Beschäftigten ein Urlaubsgeld, danach sinkt der Anteil wieder“, schreibt das WSI. Bei den jenseits der 5000 Euro liegenden Einkommen wird häufig ein Jahresgehalt vereinbart, in dem dann auch die Sonderzahlungen (Urlaubs- und das Weihnachtsgeld) aufgehen.

Das gilt so ähnlich auch für den öffentlichen Dienst und die Stahlindustrie, wo Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammengefasst sind. Im öffentlichen Dienst bekommen die Arbeiter und Angestellten der Kommunen eine solche Sonderzahlung gestaffelt nach Einkommen. Wer viel verdient, bekommt 60 Prozent als Sonderzahlung, wer wenig verdient 90 Prozent – im Westen. Wer für eine ostdeutsche Kommune arbeitet, bleibt dahinter zurück. Hier reichen die Sätze von 67,5 Prozent für die kleineren Einkommen, bis zu 45 Prozent für die höheren Einkommen.

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