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Handel: Roter Teppich für chinesische Einkäufer

Eine Delegation aus Peking will in Europa Aufträge in Milliardenhöhe vergeben. Deutsche Firmen stehen Schlange.

Berlin - In Zeiten einbrechender Aufträge sind Einkäufer höchst willkommen. Deshalb stehen heute in Berlin fast 200 Vertreter deutscher Firmen bereit, um mit chinesischen Managern und Offiziellen aus Peking über künftige Kooperationen und Verkäufe zu sprechen. Unter Führung des Handelsministers Chen Deming tourt die chinesische Delegation durch Deutschland, die Schweiz, Spanien und Großbritannien, um Aufträge von mehr als zehn Milliarden Euro zu vergeben.

Alleine in Berlin könnten nach Informationen des „Handelsblattes“ Verträge und Absichtserklärungen für Bestellungen von mehr als sechs Milliarden Euro unterschrieben werden. Profitieren könnten vor allem zwei Bereiche, die die Wirtschaftskrise besonders hart getroffen hatte: der Automobilsektor und der Maschinenbau. Beide leiden derzeit unter erheblichen Auftrags- und Umsatzeinbrüchen.

Vor allem deutsche Mittelständler hoffen auf einen Auftrag aus dem fernen Reich. Während große Konzerne bereits Verträge anvisiert haben, treffen sie sich in mehreren Arbeitsgruppen mit möglichen chinesischen Partnern. Dabei geht es dann möglicherweise nicht nur um den Kauf von Produkten, sondern auch den Einstieg in einzelne deutsche Firmen. Chinas Premierminister Wen Jiabao hatte die Einkaufs-Delegation bereits auf seinem Deutschland-Besuch vor wenigen Wochen angekündigt. Seither herrscht in der deutschen Industrie Aufregung. Denn Peking hat versprochen, von seinem milliardenschweren Konjunkturprogramm etliche Aufträge an ausländische Firmen zu vergeben. Europa sei eben bestens geeignet, „uns mit den Geräten auszurüsten, die wir brauchen“, so die Vorgabe aus dem Handelsministerium in Peking. „Wir begrüßen diese Geste der chinesischen Regierung“, sagt Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer in Peking. „Allerdings wünschen wir uns nach wie vor, dass China vor allem seine heimischen Märkte weiter öffnet.“ Pekings Führung gebe mit dem Trip dafür genau das richtige Signal, meint dagegen Song Hong, Forscher an der Chinese Academy of Social Sciences: „China hat als große Handelsmacht kein Interesse an Protektionismus.“

Freilich ist Peking nicht nur der spendable Onkel aus Fernost. Mit seiner Geste hofft China vor allem Hochtechnologie zu bekommen. Denn die Krise lässt bei etlichen Firmen in Europa offenbar frühere Bedenken gegen einen Technologietransfer nach China schrumpfen. Schon beim Wen-Besuch in Berlin hatte der Thyssen-Krupp-Konzern eine Technologie-Vereinbarung zum Transrapid unterzeichnet. Jürgen Heraeus, China-Sprecher des Asien- und Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, hält die Gefahr eines Ausverkaufs allerdings für gering. „Die meisten Firmen können sehr wohl entscheiden, was ihnen schadet und was nicht“, betont er.

Ein Land lassen die Chinesen auf ihrer Reise übrigens links liegen: Frankreich. Peking grollt dem französischen Staatspräsidenten, denn der hatte im Dezember als EU-Ratspräsident den Dalai Lama getroffen. ink/ and (HB)

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