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Wirtschaft: Michel Friedman bekommt zweite Chance – bei Hans Wall

Die Berliner Bushaltestellen- und Toilettenfirma Wall will den Wirtschaftsanwalt und Moderator in ihren Aufsichtsrat berufen

Berlin . Der Fernsehmoderator und Wirtschaftsanwalt Michel Friedman wird Mitglied im Aufsichtsrat der Berliner Wall AG. Deren Vorstandsvorsitzender Hans Wall sagte dem Tagesspiegel, er freue sich sehr, dass er Friedman für eine Position in seinem Unternehmen habe gewinnen können. „Er kommt auf meinen persönlichen Wunsch. Über seine Zusage habe ich mich riesig gefreut und hege an seiner Seriosität nicht den geringsten Zweifel.“

Wall ist das erste Unternehmen, das Friedman die von ihm erbetene „zweite Chance“ gibt. Er war in eine Drogenaffäre verwickelt und akzeptierte deshalb Anfang Juli einen Strafbefehl der Berliner Justiz über 17400 Euro. Außerdem legte er alle öffentlichen Ämter nieder, darunter das Ehrenamt als Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und gab die Moderation zweier Talkshows im ARD-Fernsehen auf.

Als Medienexperte und Wirtschaftsrechtler sei Friedman außerordentlich geeignet, Aufsichtsrat bei Wall zu werden, hieß es im Unternehmen. Die Firma produziert und wartet Bushaltestellen, Bänke, Litfasssäulen und Toilettenhäuschen für Städte in fünf Ländern und vermietet die Außenflächen an Werbekunden. Von Michel Friedman erwarte man nun, dass er den Vorstand der Wall AG bei Marketing- und Medienfragen im In- und Ausland unterstütze.

Den Posten bei Wall tritt Friedman offiziell erst nach der Wahl bei der nächsten Hauptversammlung am 28. August an. Dort hält der Gründer und Großaktionär der Firma, Hans Wall, die Mehrheit. Seine Stimme würde also allein für Friedmans Benennung ausreichen.

Das Unternehmen Wall erwirtschaftete im vergangenen Jahr 66Millionen Euro Umsatz und machte knapp 2,6Millionen Euro Gewinn nach Steuern. Die Zeichen beim Berliner Mittelständler stehen auf Expansion. „Wir bewerben uns unter anderem um Ausschreibungen für die Stadtmöblierung in Frankfurt, München und Hamburg“, sagt Wall. Auch dies sei ein Grund, warum Wall seine Kompetenz in Sachen Medien und Marketing mit prominenten Neubesetzungen im Aufsichtsrat ausbauen will: Neben Friedman soll dort auch der Rechtsprofessor und Leiter des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, Meinhard Miegel, einen Posten bekommen. „Die Firma steht vor der größten Herausforderung seit ihrer Gründung. Wir könnten innerhalb eines Jahres auf die dreifache Größe wachsen“, sagt Wall.

So würde sich der Kurs der 90er Jahre fortsetzen: Die Mitarbeiterzahl stieg von 71 im Jahr 1990 auf derzeit 560. Der Umsatz wurde verneunfacht. Die Geschäftsidee, den Städten kostenlos Bushaltestellen und Toiletten zur Verfügung zu stellen, diese auch zu warten und zu reparieren, macht Karriere in Zeiten knapper kommunaler Haushalte. Die Städte treten dafür nur ein Recht ab, das sie ohnehin nicht richtig nutzen können. Sie verzichten darauf, die Werbeflächen an den Bushäuschen selbst zu vermarkten.

Seine Stärke sieht die Wall AG vor allem in der Entwicklung neuer Produkte für Straßen und Plätze in Großstädten. Letzte Innovation ist das „City-Pissoir“. 1000 Stück davon hat Hans Wall den Metropolen Paris, London und Rom gratis angeboten. „Damit Männer gut dastehen“, bewirbt die Firma ihr neues Produkt.

Christian Backe

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