zum Hauptinhalt
Geschrumpft. Von den zehn größten deutschen Baukonzernen des Jahres 1990 sind heute nur noch Hochtief in Essen und Bilfinger Berger in Mannheim übrig. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Kein Gesetz für Hochtief

Regierung will Übernahmerecht nicht verschärfen

Berlin - Die Bundesregierung sieht trotz des Übernahmeversuchs gegen den größten deutschen Baukonzern Hochtief keinen Anlass, das deutsche Übernahmerecht zu verschärfen. Eine Gesetzesänderung in dieser Richtung sei eher unwahrscheinlich, sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert am Montag in Berlin. Eine erste Prüfung habe ergeben, dass dies nicht sinnvoll sei. Es sei zudem nicht Aufgabe der Regierung, die Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS, wenn sie rechtlich einwandfrei verlaufe, „mit Regierungsmitteln zu verhindern“, sagte Seibert. Die Rolle Berlins sei vielmehr „die eines informierten Beobachters“. Am Freitag hatte Seibert gesagt, man sei „daran interessiert, dass die industriellen Strukturen von Hochtief in Essen bleiben“ und damit Erwartungen geschürt, dass die Regierung zu Hilfe eilen könne. Hochtief hatte bei Merkel um Unterstützung gebeten, nachdem ACS angekündigt hatte, den Essener Konzern durch einen Aktientausch im Wert von rund 735 Millionen Euro übernehmen zu wollen. Mit knapp 30 Prozent ist ACS bereits größter Einzelaktionär bei Hochtief.

Die Bundesregierung glaube nicht, dass am Verhalten von ACS „nach den Regeln der Übernahme etwas auszusetzen ist“, sagte Seibert. Auch der Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte, dass „im Prinzip keine Regelungs- oder Rechtslücke erkennbar ist“. Nach deutschem Aktienrecht muss ACS beim Überschreiten seines 30-Prozent-Anteils einmal ein offizielles Übernahmeangebot für den Rest der Hochtief-Papiere aussprechen. Danach kann ACS weitere Aktien zukaufen, ohne dies vorher anzukündigen. Das erleichtert eine feindliche Übernahme.

Nun kommt Merkel Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) entgegen, der schärfere Übernahmeregeln abgelehnt hatte. Der Minister erinnerte an die Haltung der Regierung in Madrid, die 2006/07 die Übernahme des Versorgers Endesa durch den Düsseldorfer Energiekonzern Eon torpedierte. „Wir haben nicht die Absicht, analog zu den damals kritisierten Vorgängen vorzugehen“, sagte er.

Experten sehen trotz der Zurückhaltung der Regierung keinen Nachteil für den Baukonzern. „Für Hochtief hat sich die Lage nicht verschlechtert“, sagte Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, dem Tagesspiegel. „Hochtief bleiben nun noch zwei Hebel, die die Übernahme deutlich verteuern würden: Eine Kapitalerhöhung oder Leighton“, sagte Tüngler.

Hochtief will ACS zwingen, auch eine Offerte für das australische Bauunternehmen Leighton vorzulegen, an dem die Essener 54,5 Prozent halten. Sollte die australische Börsenaufsicht das vorschreiben, würde es für ACS teuer: Die übrigen Leighton-Aktien haben einen Marktwert von knapp vier Milliarden Euro. Die Spanier lehnen aber eine Offerte für die Hochtief-Tochter ab.

Für ACS wird die Übernahme auch ohne Gesetzesänderung nicht leicht. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hält Zeitungsberichten zufolge die Sicherheiten des Baukonzerns beim geplanten Aktientausch für nicht ausreichend. ACS plant jetzt zur Finanzierung der Übernahme eine Kapitalerhöhung um bis zu 50 Prozent, um sich die zum Tausch angebotenen Aktien zu besorgen. jmi/rtr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false