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Wer das Geld hat, hat das Sagen. Die USA verfügen wie die Europäische Union über eine Sperrminorität im IWF.

© dpa

IWF ohne Strauss-Kahn: "Es ist Zeit für ein Schwellenland"

Der Westen hat die Mehrheit im internationalen Währungsfonds. Der Rest der Welt dringt auf Reformen. Wo auch immer er oder sie herkommt, vor dem neuen IWF-Chef liegen große Aufgaben.

Berlin - Das Argument ist so einfach wie uralt: Der Internationale Währungsfonds hatte immer schon einen europäischen Chef, so, wie der Weltbank immer ein Amerikaner vorstand. Darauf haben sich die USA und die Europäer bei der Gründung des IWF vor über 60 Jahren verständigt. Die Schwellenländer fordern schon seit Jahren, mit dieser informellen Absprache zu brechen. Bei der Wahl von Dominique Strauss-Kahn hatte man ihnen versprochen, dass der Posten beim nächsten Mal offen vergeben wird.

Jetzt ist alles wieder anders. Der IWF ist während der Krise zu einem der wichtigsten Retter aufgestiegen. Mit Griechenland, Irland und Portugal hängen schon drei europäische Staaten am Tropf des Währungsfonds. Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht, auch in den USA verschärft sich die Haushaltslage.

Kein Wunder, dass der Westen auf seinem Führungsanspruch beharrt. Volker Wissing (FDP), Vorsitzender des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag, sagt: „Der IWF muss gegenwärtig in der Euro-Zone weitreichende Entscheidungen treffen, er muss die Auflagen für Portugal und Griechenland überwachen, mit der Historie der Euro-Stabilisierung vertraut sein und insofern muss der neue IWF-Chef auch diese europäischen Abstimmungsprozesse sehr gut kennen.“ Jemand, der von außen käme, müsste sich erst in diese Prozesse einarbeiten „und diese Zeit haben wir nicht“.

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, sieht das anders: „Sicher hat der Posten eine wichtige ökonomische Bedeutung. Das rechtfertigt aber nicht den antiquierten Führungsanspruch von Europäern und Amerikanern“, sagte er. Als die Lateinamerikaner am Tropf des IWF hingen, sei auch keiner auf die Idee gekommen, einen von ihnen zum Chef der Organisation zu machen. Außerhalb Europas gebe es genügend Spitzenökonomen. „Wir leben in der Welt der G20“, sagt Giegold, „es ist Zeit für ein demokratisches Schwellenland.“

Entscheiden wird am Ende der Westen, denn er stellt den Großteil des Kapitals. Der IWF hat 187 Mitgliedsländer. Je mehr sie eingezahlt haben, desto gewichtiger ist ihre Stimme. Die USA haben einen Stimmanteil von 16,7 Prozent, Deutschland 5,8 Prozent. Wichtige Beschlüsse wie die Besetzung eines Chefpostens müssen mit einer Mehrheit von 85 Prozent getroffen werden. Insgesamt verfügen die sieben führenden Industrieländer über gut 44 Prozent, alle Schwellenländer zusammengenommen über gut 40 Prozent der Stimmrechte. Die EU-Staaten kommen gemeinsam auf etwa 32 Prozent der Stimmen – und verfügen damit wie die USA über eine Sperrminorität.

Wo auch immer er oder sie herkommt, vor dem neuen IWF-Chef liegen große Aufgaben. Die globale Finanzinstitution steckt in dem größten Reformprozess ihrer Geschichte. So fordern die Schwellenländer schon lange mehr Einfluss. Und schon die traditionellen Aufgaben sind anspruchsvoll: Die Aufsicht über das Weltwährungssystem und die globale Finanzstabilität sowie Unterstützung für kriselnde Länder. Es waren die Kredite für Problemländer in Asien und Lateinamerika, die dem Fonds in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wegen der rigiden Sparauflagen in vielen Schwellenländern einen schlechten Ruf verschafften. Inzwischen hat sich der Schwerpunkt der Hilfen auf Europa verschoben.

Die G20 haben dem IWF neue Aufgaben zugewiesen: Er soll eine Schlüsselrolle in den Abstimmungsprozessen zwischen den großen Wirtschaftsnationen spielen, die die Weltwirtschaft stabiler machen sollen. Zudem soll der Fonds bei der Reform des Weltwährungssystems mitarbeiten und ein Regelwerk für die Finanzmärkte mitentwickeln. (Mitarbeit: ctr)

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