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Wirtschaft: Eine Lizenz zum Schmuggeln

Warum das Sicherheitssystem der Regierung in Malaysia den Schwarzhandel nicht stoppt, sondern fördert

Von Leslie Lopez Die Proteste aus den USA und Europa haben nichts genützt: Die malaysische Regierung hat einem kleinen Unternehmen die Konzession erteilt, Sicherheitsetiketten für alle Medikamente und pharmazeutischen Produkte, die in Malaysia verkauft werden, herzustellen. Das geplante Etikettierungssystem soll ab Mai stufenweise eingeführt werden. Die Firma Mediharta wird die Sicherheitsetiketten liefern, die malaysische wie ausländische Pharmahersteller und vertreiber kaufen und auf alle Medikamente und medizinische Produkte aufkleben müssen, bevor sie dann im Land verkauft werden dürfen.

Regierung und Mediharta behaupten, das neue System werde dazu beitragen, den Verkauf pharmazeutischer Plagiate einzudämmen, dessen Volumen auf jährlich zwei Milliarden Ringgit (etwa 407 Millionen Euro) geschätzt wird.

Doch die Pharmaindustrie klagt, ein solches Etikettierungssystem lasse nur die Preise für die Verbraucher steigen und nutze nur Mediharta – und sonst niemandem. Mediharta hatte im vergangenen Jahr die Alleinlizenz ohne Ausschreibung und ohne Gelegenheit für die Pharmaindustrie, Bedenken zu äußern, erhalten.

Hauptaktionäre von Mediharta sind die Geschäftsfrau Wong Lee Yun und der Geschäftsmann Andreas Toh, die gemeinsam fast die Hälfte der Anteile halten. Saleha Mohamed Ali, eine Schwägerin des früheren malaysischen Ministerpräsidenten Mahathir Mohamad, hält etwa zehn Prozent der Anteile.

Es ist nicht die erste Monopolvergabe dieser Art in Malaysia. Vorangegangen sind Konzessionen für die Etikettierung von Bier, Wein und Zigaretten an andere Privatunternehmen. Kritiker sagen, solche Konzessionen erhöhten nur die Kosten für die Hersteller und reflektierten die Unfähigkeit der staatlichen Behörden, den Schmuggel wirksam zu bekämpfen. Während der 22-jährigen Amtszeit von Ministerpräsident Mahathir wurden viele dieser Alleinlizenzen vergeben – meist ohne öffentliche Ausschreibung erhielten einflussreiche Privatpersonen oder -firmen den Zuschlag. So wurde eine Geschäftskultur geschaffen, in der Beziehungen mindestens ebenso viel zählen wie technisches und organisatorisches Know-how. Ministerpräsident Abdullah Ahmad Badawi hat, nachdem er im November 2003 die Nachfolge Mahathirs angetreten hatte, Reformen bei den Geschäften der Regierung und insbesondere mehr Transparenz bei der Vergabe von Lizenzen versprochen. Doch die Vergabe an Mediharta lässt Zweifel aufkommen, ob sich die Verhältnisse in Malaysia wirklich geändert haben. Auch wenn die Pläne in der Amtszeit des früheren Ministerpräsidenten entstanden sind – die Vergabe an Mediharta erfolgte fünf Monate nachdem Abdullah an die Macht gekommen war.

Die Pharmaunternehmen bestreiten, dass eine monopolisierte Vergabe von Sicherheitsetiketten nötig sei. Sie sagen, der Handel mit Plagiaten sei in Malaysia relativ unbedeutend. „Außerdem können Hologramme leicht gefälscht werden“, sagt ein Unternehmer, der nicht genannt werden will. Wie viele andere fürchtet er Auftragsverluste, denn die malaysische Regierung kauft nicht nur fast 70 Prozent aller pharmazeutischen Produkte auf, sondern entscheidet auch, welche Medikamente in die Läden kommen.

Einige Experten schätzen, dass die jährlichen Einnahmen von Mediharta 150 Millionen Ringgit erreichen könnten, wenn das Etikettierungssystem erst einmal in vollem Gange sei. Ein Sprecher von Mediharta hält solche Zahlen für übertrieben: „Wir können froh sein, wenn wir ein Viertel davon schaffen.“

Ob solche Monopole zur Etikettierung von Produkten wirklich den Schmuggel eindämmen, ist fraglich. Im September 2003, kurz vor Ende der Amtszeit Mahathirs, vergab die Regierung an das private Unternehmen Kod Efisien die Alleinlizenz, Zigarettenhersteller und Brauereien mit Sicherheitscodes und Sicherheitstinte zu beliefern, die bei der Etikettierung der Produkte verwendet werden müssen. Das System, das nach Schätzung von Experten dem Konzessionsträger Jahreseinnahmen von 140 Millionen Ringgit verschafft, wurde eingeführt, um Schmuggel zu verhindern. Doch die Tabak- und Bierproduzenten sagen, der Handel mit geschmuggelter Ware sei in den letzten Monaten stark gestiegen – weil die Kosten des Sicherheitssystems an die Kunden weitergegeben wurden. Und die würden wegen der höheren Preise nun lieber Schmuggelware kaufen.

Die Texte wurden übersetzt und gekürzt von Tina Specht (Held der Arbeit), Svenja Weidenfeld (Malaysia), Matthias Petermann (Abu Ghraib) und Christian Frobenius (Toyota)

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