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Gewinner: Die Profiteure

Von wegen Krise – Insolvenzverwalter, Inkassounternehmer und Pfandleiher machen in turbulenten Zeiten gute Geschäfte

Crash, Absatzflaute, Pleite – nicht jeden trifft die Wirtschaftskrise gleichermaßen. Während sich viele Firmen und Verbraucher vor Bankrotten fürchten, haben etwa die Insolvenzverwalter besonders viel zu tun. Erstmals seit fünf Jahren ist die Zahl der Firmenpleiten 2008 in Deutschland wieder gestiegen – um 2,2 Prozent auf 29 800. Mehr als 900 Insolvenzverwalter kümmern sich bundesweit um gescheiterte Betriebe. „In den vergangenen Monaten ist unser Beruf deutlich bekannter geworden“, sagt Daniel Bergner, Geschäftsführer des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands. Dies sei auch deshalb gut, weil man sich wie die Notare oder Ärzte bald eine eigene berufsrechtliche Standesordnung geben wolle.

Einer Reihe von Branchen, Berufen und Betrieben hat die Krise nicht geschadet, sondern genützt. Sie können mit umso besseren Geschäften rechnen, je schlechter es anderen geht. Während beispielsweise die privaten Banken Milliardenverluste abschreiben mussten, konnten die öffentlich-rechtlichen Sparkassen das Finanzmarktdebakel nicht nur viel besser überstehen, sondern genießen einer Forsa-Umfrage zufolge sogar mehr Vertrauen denn je. Die Hälfte der bis Anfang November Befragten sagten, aus ihrer Sicht wachse die Bedeutung der Sparkassen derzeit. „Gerade in den Großstädten richten die Leute nun eher bei uns Tagesgeldkonten ein“, sagt Stefan Marotzke vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband.

Viele, die gar keinem Finanzinstitut mehr trauen, haben ihr Geld nach Hause geholt. Einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung zufolge macht sich knapp ein Drittel der befragten Deutschen Sorgen um das Ersparte – zehn Prozent sollen einen Teil ihres Geldes von der Bank nach Hause geholt haben. Das wiederum war gut für einige Tresorhersteller, die 2008 ein Auftragsplus verzeichnen konnten.

Gute Geschäfte melden auch Unternehmensberater. Gerade die Outplacement-Beratung lief gut, schließlich prüfen viele Firmen, ob sie demnächst Stellen abbauen müssen. Berater für Outplacement („Auslagerung“) helfen gekündigten Mitarbeitern in einer Kombination aus Schulung und Vermittlung in neue Jobs. „Für uns gab es 2008 aber auch sonst viel zu tun“, sagte Klaus Reiners vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater. Die Tageshonorare für Berater seien 2008 im Schnitt um rund drei Prozent gestiegen.

Sparkassen, Tresore und Unternehmensberater sind aber nur für diejenigen von Nutzen, die noch Geld haben. Wer hingegen Schulden mit sich herumschleppt, die er nicht mehr abbezahlen kann oder will, versorgt eine andere Branche mit Arbeit: die Inkassounternehmen. „Die Finanzkrise verschlechtert die Zahlungsmoral deutlich“, sagt Jochen Schatz vom Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen, in dem mehr als 500 der insgesamt gut 700 in Deutschland tätigen Inkassounternehmen organisiert sind. Die Krise werde sich aber so richtig erst 2009 bemerkbar machen, erwartet der Branchenkenner. Auch die fast 5000 bundesdeutschen Arbeitsrechtler können wegen anstehender Pleiten und drohender Kündigungen bald mit noch mehr Arbeit rechnen. „Es gibt mehr zu tun, aber den Höhepunkt an rechtlichen Auseinandersetzungen werden wir wahrscheinlich im kommenden Jahr erleben“, sagte Heinz Josef Willemsen, Fachjurist und Chef des Arbeitsrechtsausschusses beim Deutschen Anwaltverein.

Bei den Pfandleihern ist schon jetzt eine Menge los. Für 2008 erwartet die Branche knapp zehn Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr, bei rund einer Million Kreditnehmern und zwei Millionen Kreditverträgen. Zur positiven Geschäftsentwicklung trug dem Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes zufolge der hohe Goldpreis bei – dadurch hätten verpfändete Goldgegenstände höher beliehen werden können.

Die Händler von Edelmetallen hatten in den vergangenen zwölf Monaten auch selbst viel Grund zur Freude. „Das war das beste Jahr seit langem“, heißt es etwa vom Berliner Goldhändler Pro Aurum. Gold sei eben ein „Krisenmetall“, aber auch Silber verkaufe sich in diesen turbulenten Zeiten besser.

Gut überstanden hat auch Siemens die Krise. Konzernchef Peter Löscher verspricht sich von den milliardenschweren Konjunkturprogrammen der Bundesregierung in diesem Jahr außerdem Großaufträge für sein Unternehmen. „Diese Mittel werden überwiegend für die Infrastruktur ausgegeben. Siemens als großer Infrastrukturanbieter wird davon profitieren“, sagte er der „Börsen-Zeitung“. Und da viele Firmen derzeit am Boden lägen, könne man bald günstig zukaufen: „Wenn etwas zu uns strategisch passt, werden wir uns das genau anschauen und möglicherweise zuschlagen.“

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