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Yan Bingtao ist der prominenteste Spieler, dem Manipulation vorgeworfen wird. Der Chinese ist derzeit wie zehn andere Kollegen gesperrt.

© dpa/Christoph Soeder

Zum Start der WM in Sheffield: Snooker braucht eine neue Vision!

Snooker ist großes Theater, das wird sich auch bei dieser WM wieder zeigen. Aber die jüngsten Entwicklungen stimmen mindestens nachdenklich.

Ein Kommentar von Jörg Leopold

Die Snooker-Weltmeisterschaft in Sheffield wird ab Samstag wieder für reichlich Drama sorgen. Passt ja auch, schließlich findet die WM in einem Theater statt. Theater ist auch das Stichwort für die jüngsten Verwerfungen des gleichermaßen schönen wie eleganten Spiels. Ob sich Snooker nun „in seinem schlechtesten Zustand aller Zeiten“ befindet, wie Ronnie O’Sullivan meint, ist zumindest diskutabel. Fakt ist allerdings: Von Aufbruchstimmung, wie noch vor einigen Jahren zu spüren, ist nicht mehr viel übrig.

Natürlich, es gibt inzwischen weltweit mehr Turniere, die Sportart ist nicht mehr ganz so britisch geprägt wie noch vor einigen Jahrzehnten. Doch – und das auch wegen der Corona-Pandemie: die Entwicklung stockt. Und über allem schwebt der Verdacht, dass es Spieler gibt, die betrügen. Weil sich mit verkauften Matches mehr Geld verdienen lässt als mit gewonnenen.

Wenn daran auch Profis beteiligt sind, die wie Yan Bingtao zur Weltspitze gehören, hat der Sport ein echtes Problem. Denn künftig schwingt bei jeder verschossenen Kugel die Frage mit, ob das womöglich Absicht gewesen sein könnte.

Darts hat Snooker in Sachen Popularität abgehängt

Immerhin: Der Weltsnookerverband handelt, was bleibt ihm auch anderes übrig. Aber mit Sperren allein darf es nicht getan sein. Der Sport braucht eine weitere Generalüberholung, so wie das einst unter Barry Hearn schon einmal der Fall war. Und was möglich ist, zeigt die Popularität, die Darts inzwischen erreicht hat – dereinst wie Snooker unter der Rubrik „Kneipensport“ geführt.

Was im Snooker derzeit fehlt, ist eine Vision. Vor allem für die Zeit nach Ronnie O’Sullivan. An ihm arbeiten sich alle ab, ob Spieler, Medien oder Turnierveranstalter. Dass ein 47-Jähriger immer noch als Aushängeschild einer gesamten Sportart fungiert, sagt einiges über ihren Zustand aus.

Natürlich wird die Snooker-Community jetzt protestieren und darauf verweisen, welche tollen anderen Typen es neben O’Sullivan gibt. Das Problem ist nur, dass die Allgemeinheit diese tollen Typen eben nicht kennt. Und natürlich wird der Sport medial bestens bei Eurosport präsentiert, den Sprung ins größere Rampenlicht hat er aber immer noch nicht geschafft. Wie Lösungen aussehen könnten und ob es überhaupt welche gibt, darum müssen sich die Spieler, Funktionäre und Fans gemeinsam kümmern. Im Moment überwiegt trotzdem die Vorfreude auf zweieinhalb dramatische Wochen im Crucible, ganz so, wie sich das für ein Theater gehört.

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