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© Reuters

Bob: Vom Superbowl zu Olympia

Vor drei Jahren spielte Richard Adjei noch Football in Berlin – bald könnte er als Anschieber im Bobsport in Vancouver antreten.

Berlin - Vor 22 Jahren sorgten vier jamaikanische Bob-Exoten, die 1993 in der Komödie „Cool Runnings“ gewürdigt wurden, bei den Winterspielen in Calgary für Furore. Nicht ganz so exotisch, aber auch nicht alltäglich ist es um Richard Adjei bestellt. Der dunkelhäutige Anschieber aus Düsseldorf, dessen Vater aus Ghana stammt, gewann beim Weltcup in Königssee die Zweierbobwertung mit Thomas Florschütz. „Ich will unbedingt zu den Olympischen Spielen nach Vancouver“, sagt der 26-Jährige. Vor Kurzem war sein großer Traum noch ein anderer gewesen: der Superbowl.

Bis vor drei Jahren spielte Adjei American Football beim NFL-Europe-Team Berlin Thunder. Unüblich ist es nicht, dass Anschieber aus anderen Sportarten gefunden werden, doch das Metier Football ist neu. Auf die Idee kam Olympiasieger Christoph Langen. Zusammen mit dem Manager Axel Watter konnte er vor drei Jahren das erste privat finanzierte Bob-Juniorteam aufbauen. Dabei wurde man auf den jungen Linebacker aufmerksam, der mit explosiven Sprints und harten Blocks auftrumpfte. Er wurde zum Training eingeladen und konnte überzeugen. „Beim Football trainierst du deine Explosivität, das hat mir einige Vorteile gebracht“, sagt Adjei. Für den Bobsport musste er dann das Sprinten auf Eis und das sekundenschnelle Platznehmen im Bob erlernen.

Anfangs wurde er als Quereinsteiger von einigen Kollegen der Branche belächelt. Niemand traute ihm viel zu. Doch er überraschte alle, als er zusammen mit Manuel Machata Vize-Juniorenweltmeister und Europacupsieger wurde. Seinen Kritikern konnte er so das Gegenteil beweisen. Seit dem Jahreswechsel fährt er im Team von Thomas Florschütz, nachdem er zum Saisonauftakt schon bei André Lange aushelfen durfte: „Das war eine große Ehre für mich, mit dem weltbesten Piloten zu fahren“, betonte er.

Am Wochenende schiebt er seinen Piloten Florschütz nun beim Weltcup in St. Moritz im Zweier- und Viererbob an. Wie viele Piloten hat Florschütz wechselnde Anschieberkandidaten und wird vor Olympia eine Auswahl treffen. Bei guten Platzierungen in St. Moritz hätte Adjei gute Chancen, nach Vancouver zu reisen. Er wäre der erste dunkelhäutige deutsche Bobfahrer, der an Winterspielen teilnimmt. Adjei macht der Wirbel um seine Hautfarbe gar nichts aus. „Das ist mir wurst“, sagt er. Er sei in Deutschland geboren worden und deshalb Deutscher, Punkt. „Und bei den Amerikanern starten doch schon seit vielen Jahren Schwarze und das ist nichts Besonderes. Es ist wie im Fußball, es ist viel mehr Multikulti als früher.“

Dennoch fällt Adjei zwischen all den anderen Bobsportlern natürlich auf mit seiner Footballerstatur, die 110 Kilogramm bei 1,90 Meter aufweist. Erfolg und Leistungsbereitschaft stehen für ihn an erster Stelle. „Wenn die Leistung stimmt, wird der Sportler respektiert. Der Erfolg kommt dann von ganz allein.“ Bei einem guten Abschneiden in St. Moritz könnte sein großer Traum in Erfüllung gehen. „In Vancouver zu starten“, sagt Adjei, „das wäre fast so, wie im Superbowl auf dem Platz zu stehen.“

Alexander Lorang

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