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Gegen Kei Nishikori bot Stanislas Wawrinka seine bisher beste Leistung bei den Australian Open. Im Halbfinale gegen Novak Djokovic am Freitag muss sich der Schweizer aber wohl nochmals steigern.

© AFP

Australian Open: Stanislas Wawrinka auf Mission Titelverteidigung

"Stan the Man" Wawrinka glaubt an eine Wiederholung seines Vorjahreserfolgs bei den Australian Open. Im Viertelfinale zeigt er gegen Kei Nishikori seine bisher beste Leistung in Melbourne. Doch nun wartet die Nummer eins der Welt.

Für einen Moment stockte den 15 000 Zuschauern auf den Rängen der Rod-Laver-Arena der Atem. Kei Nishikori hatte von der Grundlinie aus verdeckt zu einem Stoppball angesetzt – und Stanislas Wawrinka wäre machtlos dagegen gewesen. Es stand 6:6 im Tiebreak des dritten Satzes, und fünf Matchbälle hatte der Schweizer bereits vergeben. Die Nerven lagen blank. Wäre dieser Stoppball ins Feld gegangen, hätte Nishikori plötzlich einen Satzball gehabt und diese Viertelfinalpartie, die Wawrinka doch eigentlich so souverän im Griff zu haben schien, wäre wohl gekippt. Hilflos schaute der 29 Jahre alte Lausanner der Flugkurve des Balles hinterher – und stieß ein wildes „Come on“ aus, als die Filzkugel an der Netzkante hängen blieb. Wawrinka hatte somit seinen sechsten Matchball, der musste einfach sitzen. Er pustete kurz durch an der Grundlinie, dann servierte Wawrinka ein Ass. Erleichtert bejubelte er seinen 6:3, 6:4 und 7:6-Sieg über den japanischen Shootingstar, mit dem Wawrinka bei seiner Mission Titelverteidigung bei den Australian Open weiter im Rennen bleibt.

„Ich zittere immer noch“, meinte Wawrinka kurz nach dem Ende der Partie, „ich war ganz schön nervös, als die Matchbälle alle weggingen. Und ich war heilfroh, dass sein Ball ins Netz ging. Zum Glück bin ich weiter dabei.“ So brenzlig wie die Schlussminuten waren die restlichen zwei Stunden der Partie allerdings nicht. Denn Wawrinka spielte erstmals im Turnierverlauf mit einer so bemerksenswerten Entschlossenheit, die den japanischen Weltranglistenfünften weitgehend überforderte. „Er war so selbstbewusst und aggressiv – ich habe kein Mittel gefunden, um ihn aufzuhalten“, sagte Nishikori kopfschüttelnd. 20 Asse servierte Wawrinka, davon alleine drei im Tiebreak des dritten Satzes. Seine Aufschlagquote war durchgehend sehr hoch, auch beim zweiten Service. Mit seinem schnellsten Aufschlag von 222 Stundenkilometern wehrte Wawrinka knallhart einen Breakball ab, als er im zweiten Durchgang zum Satzgewinn aufschlug. Der Schweizer hatte an diesem Nachmittag immer eine Antwort parat und diktierte das Geschehen von Beginn an. Der Weltranglistenvierte hämmerte insgesamt 46 Winner ins Feld, genau doppelt so viele wie Nishikori gelangen.

Auch wenn der Japaner müde wirkte und sich nicht annähernd so gut bewegte, wie zuletzt bei seinem Fünfsatzsieg über Wawrinka im Viertelfinale der US Open, war es dennoch ein überlegener Auftritt des amtierenden Champions. Und so erschien der eher schüchterne Schweizer dann auch mit breiter Brust zur Pressekonferenz und wurde dem „Stan the Man“-Aufdruck auf seinem leuchtend roten T-Shirt gerecht. Wawrinka hatte sich eher unspektakulär durchs Turnier gespielt, doch nun untermauerte sein starker Auftritt mit einem Schlag seine Ansprüche. „Ich denke, ich spiele besser als im letzten Jahr hier“, erklärte Wawrinka selbstbewusst, „ich habe mich verbessert, bin aggressiver, habe mehr Vertrauen in mein Spiel, komme mehr ans Netz. Es war ein großartiges Match heute.“ Seit dem letzten Oktober habe er gemerkt, dass es richtig gut für ihn laufe, merkte Wawrinka an. Das Halbfinale bei den Tour-Finals in London, der historische Gewinn des Davis Cups, dann der Turniersieg in Chennai zum Saisonauftakt – diese Erfolge hätten ihn ungemein bestärkt. „Ich habe die Trophäen bei mir Zuhause stehen. Durch sie weiß ich jetzt, dass ich es kann“, sagte Wawrinka, „und durch sie habe ich Selbstvertrauen.“

Wawrinka läuft gerade rechtzeitig zur Bestform auf, denn am Freitag kommt es zum Halbfinalduell mit Novak Djokovic. In der Bilanz führt der serbische Weltranglistenerste haushoch, doch ihre drei Begegnungen bei Grand-Slam-Turnieren waren episch. Im vergangenen Jahr warf Wawrinka den damaligen Titelverteidiger im Viertelfinale aus dem Turnier – nach einem packenden Krimi mit 9:7 im fünften Satz. „Wir hatten schon verrückte Matches bei den Slams“, meinte der Schweizer, „aber ich spiele richtig gut und bin bereit.“ Auch Djokovic, der den Weltranglistenachten Milos Raonic mit 7:6, 6:4 und 6:2 in seiner Viertelfinalpartie abfertigte, erklärte: „Ich bin bereit für den Kampf. Stan und ich treiben uns immer gegenseitig an die Grenze. Ich werde alles tun, um zu gewinnen.“ Doch auch ihm war nicht entgangen, dass Wawrinka in Melbourne wieder zu „Stan the Man“ geworden ist.

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