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Sport: Signal in die falsche Richtung

Dortmunds Teammanager Stefan Reuter gibt auf – der Klub verliert noch ein Stück Glaubwürdigkeit

Einer dieser Effekt heischenden Lautsprecher ist Stefan Reuter nie gewesen. Ein Umstand, der dem Welt- und Europameister während seiner Laufbahn den Ruf eingetragen hat, der Prototyp des angepassten und stromlinienförmigen Fußballprofis zu sein. Womit dem Franken Unrecht getan wurde, denn als Duckmäuser musste sich Reuter nun wahrlich nicht hinstellen lassen. Im Gegenteil: Der schnelle Defensivmann vertrat seine Meinung im Mannschaftskreis so beharrlich, dass es ihm bei den Kollegen hohen Respekt eintrug. Und zudem nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn einen Anschlussvertrag in der Vereinsführung von Borussia Dortmund. Bei dem Klub, bei dem Reuter seit 1992 sein Geld verdiente. Jetzt geht er, und Dortmund verliert mit ihm wieder ein Stück Glaubwürdigkeit.

Reuter rückte neben Michael Meier und Michael Zorc ins Management auf. Um das Trio auseinander halten zu können, wurden ihnen die Bezeichnungen Manager, Sportmanager und Teammanager zugeordnet. Meier sollte dabei im operativen Bereich arbeiten, Zorc für Transferangelegenheiten, Vertragsverhandlungen und Spielerbeobachtung zuständig sein, und Reuter sollte im Spiel- und Trainingsbetrieb nah an den Trainer und die Profis rücken. So beschrieb der damalige Präsident Gerd Niebaum im Juni 2004 die geplante Aufgabenverteilung. Dabei widersprach er Gerüchten von einer Entmachtung Zorcs, dem Defizite im Umgang mit der Mannschaft nachgesagt wurden.

Drei Manager, das leistet sich außer dem BVB kein Bundesligist. Eine kaum nachzuvollziehende Konstellation angesichts einer in der Bundesliga-Geschichte einzigartigen Verschuldung von 120 Millionen Euro, die laut Berichten des „Kicker“ jeden Tag um rund 72 000 Euro wächst. Dortmunds neuer Präsident Reinhard Rauball bezeichnete diese Manager-Konstellation als „Luxus, den ich geerbt habe“. Da alle drei Verträge im Juni dieses Jahres auslaufen, wurde zuletzt spekuliert, welche personellen Einsparungen beim BVB zu erwarten seien. Dem ist Reuter nun mit der Bitte, sein Engagement mit sofortiger Wirkung zu beenden, zuvorgekommen.

„Weltmeister Reuter hat die Schnauze voll“, titelte „Bild“ drastisch. Übertrieben ist das nicht, denn es war kein Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Reuter und Zorc nicht gestimmt hat. „Die Strukturen sind für mich nicht gegeben, um erfolgsorientiert zu arbeiten“, sagt Reuter, die Konstellation sei „alles andere als ideal“ gewesen. „Wir müssen alle in eine Richtung marschieren, und das war nicht immer der Fall.“

Dass nun ausgerechnet Reuter aufgibt, der in seinen 502 Bundesliga- und 69 Länderspielen stets größten Einsatz zeigte, sprichwörtlich ein Malocher war, wird das Vertrauensverhältnis zu den Fans weiter belasten. Auch Dortmunds Trainer Bert van Marwijk wird der überraschende Rücktritt treffen. Es ist bekannt, dass Reuter vom Holländer in dessen Position sehr geschätzt wurde – und umgekehrt. Dabei kann van Marwijk jegliche Rückendeckung gut gebrauchen. Während Rauball im wirtschaftlichen und sportlichen Überlebenskampf des Traditionsklubs gebetsmühlenartig an das Arbeitsethos der Profis appelliert und von der „schwierigsten Rückrunde in der Vereinsgeschichte“ spricht, scheinen solche Parolen an manchen Spielern abzuprallen. So präsentierte sich der Nigerianer Sunday Oliseh beim Trainingsauftakt in einem körperlichen Zustand, den die Zeitung „Ruhr Nachrichten“ mit dem „eines Gelegenheitsjoggers“ verglich.

Ein weiterer schwieriger Fall ist Lars Ricken. Dortmunds Reservist hat nach Angaben seines Managers Norbert Pflippen ein Angebot der Glasgow Rangers abgelehnt. Offensichtlich will Ricken seinen bis 2006 dotierten Vertrag, der noch aus einer Zeit stammt, als der BVB mit vollen Händen mit Geld um sich warf, bis zum letzten Tag aussitzen, obwohl van Marwijk nicht auf ihn baut. Ein hässlicher Werdegang für einen, dem einst eine Weltkarriere vorausgesagt wurde. Inzwischen beginnt Rickens Arbeitshaltung sprichwörtlich zu werden: Als Leverkusens Bankdrücker Hanno Balitsch jüngst ein schlechter dotiertes Angebot des 1. FC Nürnberg ablehnte, sprach dessen Sportdirektor Martin Bader vom „Lars-Ricken-Effekt“. Was der Mann damit meinte: „Er ist zu bequem und nicht bereit, ein Risiko einzugehen.“

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