zum Hauptinhalt
Francesco Friedrich hat Historisches geschafft: Zwei Mal in Folge gelang ihm das Gold-Double bei Olympischen Winterspielen.

© Michael/dpa

Johannes Lochner gewinnt Silber: Historisches Gold-Double für Bobpilot Francesco Friedrich

Francesco Friedrich dominiert im Bob wie keiner vor ihm und gewinnt sein zweites Gold in Peking. Es war für ihn bislang die größte mentale Herausforderung.

Er hat es geschafft, sie haben es geschafft – und jetzt sind irgendwie alle geschafft. Wieder Gold, bereits das zweite für Francesco Friedrich bei diesen Winterspielen, seine viertes insgesamt. „Erst mal fällt eine Last ab, und wir sind wahnsinnig glücklich“, sagt der 31-jährige Bobpilot, der seine Sportart so dominiert wie keiner vor ihm.

Bei Olympia beide Disziplinen zu gewinnen, ist in der knapp hundertjährigen Bob-Historie überhaupt erst sechs Piloten gelungen, ihm nun schon zweimal. Die Olympiasiege sowohl im Zweier als auch mit dem Vierer vier Jahre später zu wiederholen – das ist Friedrichs nächste Bestmarke.

Sonntagmittag macht der Ausnahmeathlet aus Pirna das doppelte Double perfekt. Zusammen mit seinen Anschiebern Thorsten Margis, Candy Bauer und Alexander Schüller setzt er sich am Ende doch wieder vor Johannes Lochner und seinem Team durch, die nach dem ersten Lauf mit Bahnrekord vorn lagen.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Der vierte und entscheidende Lauf, bei dem der bis dato Führende als Letzter startet, wird zu einer Triumphfahrt. Der Beste, könnte man auch sagen, kommt im Eiskanal zum Schluss, und einmal mehr ist es Friedrich. „Francesco ist der Dominator, ich habe riesen Respekt, dass er über die Jahre immer wieder die Leistung auf den Punkt abruft und eigentlich uneinholbar ist“, sagt Lochner, bei diesen Spielen mit Abstand der Beste – vom Rest der Welt. Dann folgt der Kanadier Justin Kripps. Als Dritter knapp vor dem Zweier-Überraschungsdritten Christopher Hafer verhindert er den nächsten deutschen Dreifach-Triumph.

„Die ganze Bobwelt will uns schlagen, und das schon seit Jahren – das ist brutal anstrengend“

Begriffen hat Friedrich natürlich sofort, was im Eiskanal von Yanqing passiert ist. Nichts anderes als die Goldmedaillen drei und vier sind das Ziel gewesen, darauf war in den vergangenen Jahren alles ausgerichtet. Bei Olympia soll sich das alles auszahlen, und doch sind die Tage in dem chinesischen Bergen die mental bislang größte Herausforderung für Team Friedrich, das seit 2017 alle großen Rennen gewonnen hat.

„Die ganze Bobwelt will uns schlagen, und das schon seit Jahren – das ist brutal anstrengend“, sagt Chef-Anschieber Margis.“ Mit dem psychischen Druck, der angesichts der Siegesserie wie auf keinem anderen lastet, kann der Rekordjäger und Titelsammler wie kein anderer umgehen. Friedrich ignoriert ihn einfach. Bei Rennen befindet er sich in jenem Tunnel, vom dem Leistungssportler immer wieder sprechen und damit die ausschließliche Fokussierung auf den Wettkampf meinen.

Mit einem Unterschied: Viele verkrampfen in solchen Situationen, Friedrich ruft mindestens sein Leistungsvermögen ab – und wächst manchmal noch über sich hinaus. Wie 2018 im olympischen Zweierrennen, das er zeitgleich mit Kripps gewinnt, und jetzt wieder.

„Die Psyche, ist immer entscheidend“, sagt er. „Wir haben Spaß, bei dem was wir machen und trotzdem Druck. Es gilt einfach, die richtigen Handgriffe im richtigen Moment zu machen.“ Es ist eine typische Friedrich-Erklärung. Viermal sind er und seine Anschieber am Start mit Abstand die Schnellsten. Doch nicht alles funktioniert, auch wenn das wie im ersten Lauf für Außenstehende gar nicht ersichtlich ist.

„Wir haben uns vorgenommen, hier nicht zu weit zu rennen. Und was machen wir: Wir rennen viel zu weit. Aber das passiert, wir sind auch nur Menschen“, sagt Friedrich, der bekennende Perfektionist. Entsprechend ist die Stimmung: angefressen-aggressiv. Das Resultat zeigt sich im zweiten Lauf – Startrekord, Laufbestzeit, Führung – und belegt, was sein Heimtrainer Gerd Leopold schon nach dem Zweier sagte: „Wenn Friedrich gefordert ist, bringt er seine beste Leistung.“

Friedrich möchte bei Olympia 2026 nochmal angreifen

Auf den Punkt topfit präsentiert sich das gesamte Team. Eindrucksvoll zu sehen ist das vor allem bei Margis, der auch die Rolle des Chef-Motivators einnimmt. Der 32-Jährige reißt die anderen mit und hat sich zudem selbst in eine nicht mehr für möglich gehaltene Form gebracht. Dass er die deutsche Fahne bei der Abschlussfeier am Sonntagabend tragen darf, nachdem Friedrich diese Ehre bei der Eröffnung zuteil wurde – es ist, wie Margis sagt, das i-Tüpfelchen.

Friedrichs Blick geht indes nach vorn. Er wolle in der nächsten Saison etwas lockerer lassen, im Sommer auch mal mehr Urlaub und „der Familie wieder etwas zurückgeben nach diesen zwei verrückten Corona-Jahren“. Doch dann kommt die Ansage: „Wir sind trotzdem noch nicht müde, und vielleicht können wir das in vier Jahren in Cortina noch mal alle zusammen schaffen“, so Friedrich.

Er meint Olympia 2026 in Cortina d’Ampezzo. Ein Rekord ist schließlich noch offen. Nach Goldmedaillen hat Friedrich nun zwar mit Bob-Ikone André Lange gleichgezogen, der hat aber noch eine silberne dazu. Nicht nur Bundestrainer Spies ahnt, was das bedeutet. Er ist noch selbst gegen Lange gefahren, und er den Vergleich. „André Lange“, sagt Spies, „war schon wahnsinnig gut, aber Francesco Friedrich ist noch mal eine Nummer oben drauf.“

Tino Meyer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false