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Sport: Genial dumm

Nihad Djedovic und Alba Berlin beweisen gegen Maccabi Tel Aviv Klasse – und fehlende Erfahrung.

Berlin - Eigentlich hätten Nihad Djedovics Ohren noch klingen müssen. Zweimal hatte ihn Sasa Obradovic bei der 76:78-Niederlage gegen Maccabi Tel Aviv ausgewechselt, zweimal hatte ihn der serbische Coach dabei mit einer wüsten Schimpftirade bedacht. Nach Spielende allerdings wollte Alba Berlins Flügelspieler der doppelten verbalen Abreibung keine Bedeutung beimessen. „Ich komme aus Bosnien, da machen das alle Trainer so“, sagte Djedovic mit einem Achselzucken. Im Gedächtnis vom Spiel am Donnerstagabend dürfte ohnehin eher die Zeit zwischen Obradovics Ausrastern bleiben, als Djedovic seine Mannschaft fast im Alleingang zurück ins Spiel führte.

Der 22-Jährige erzielte im zweiten Viertel 14 Punkte, am Ende war er mit 17 Zählern bester Alba-Werfer. Dass es nicht für einen Sieg gegen den großen Favoriten reichte, war weniger der mangelnden spielerischen Klasse der Berliner geschuldet als ihrer fehlenden Erfahrung. Neben dem teilweise genial aufspielenden Djedovic hat kaum ein Alba-Profi nennenswerte Euroleague-Einsatzzeiten vorzuweisen. „Wir haben viele dumme Sachen gemacht“, sagte Djedovic. „Das hängt damit zusammen, dass wir jung sind und uns in den entscheidenden Situationen nicht richtig verhalten.“

Durch einen nervösen Start hatte sich Alba einen 0:12-Rückstand eingehandelt. „Wir hatten viel Respekt und haben angefangen, an allem zu zweifeln“, sagte Obradovic. Djedovic musste nach einem Fehlpass und einem überhasteten Wurf als erster Spieler auf die Bank. Als er zurückkehrte, lief es besser für ihn und sein Team. „Manchmal hilft es, das Spiel eine Weile von außen zu verfolgen“, erklärte Djedovic. Gegen Ende des Spiels jedoch leisteten sich die Berliner wieder zu viele Fehler. Beim Stand von 63:67 ließ Djedovic einen zu großen Abstand zu seinem Gegenspieler, der sich mit einem Dreier bedankte. Im Gegenzug wollte der Bosnier den Fehler mit Gewalt wieder gutmachen, verlor den Ball – und wurde vom brüllenden Obradovic erneut vom Feld geholt.

Mit zwei Siegen und drei Niederlagen sind die Berliner nach der Hinrunde der Gruppenphase trotzdem im Soll, auch Maccabis Trainer David Blatt zeigte sich von der Gegenwehr der Berliner beeindruckt. „Bis zum Rückspiel bin ich Alba-Fan“, sagte der US-Amerikaner. Auch Djedovic glaubt: „Wir haben es verdient, in die nächste Runde einzuziehen.“ Um diesem Ziel näher zu kommen, knöpfte sich Obradovic den Bosnier am späten Abend noch einmal vor, als dieser die Arena am Ostbahnhof gerade verlassen wollte. Der Trainer legte seinem hoch veranlagten Spieler die Hand auf die Schulter und ermahnte ihn, das Spiel nicht gleich in den ersten Minuten gewinnen zu wollen – und seine Gegenspieler nicht für einen Moment aus den Augen zu lassen. Obradovic verzichtete diesmal darauf, laut zu werden. „Man darf ja nicht vergessen, wie jung Nihad noch ist“, sagte der Serbe fast väterlich. Lars Spannagel

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