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MASTERS-TURNIER: Frech gegen das Vorbild

Der Tennis-Qualifikant Mischa Zverev überzeugte in Rom trotz einer Viertelfinal-Niederlage gegen Roger Federer.

An seine erste Begegnung mit ihm kann sich Mischa Zverev noch genau erinnern. Vier Jahre ist es her, da durfte sich der damals 17-Jährige mit dem großen Roger Federer am Hamburger Rothenbaum einschlagen. Zverev musste sich dabei mehr auf seine Atmung als auf die Tennisbälle konzentrieren, so aufgeregt war er. Schließlich stand sein absolutes Vorbild auf der anderen Netzseite, bis heute hat Zverev fast jedes Match des Schweizers verfolgt. „Ich habe zu meiner Mutter immer im Scherz gesagt: Wenn ich eines Tages gegen Roger spielen sollte, dann weiß ich genau, was ich tun muss“, erzählte Zverev am Donnerstagabend lachend in Rom. Denn jener Tag sollte schon wenige Stunden später kommen: Sein erstes Duell mit Federer – und das in seinem Viertelfinal-Debüt bei einem Masters-Turnier. Auch wenn Mischa Zverev sich gegen Federer mit 6:7(3:7), 2:6 geschlagen geben musste, war diese Woche von Rom für ihn der bisher größte Erfolg seiner Karriere. „Vor zwei Jahren habe ich hier die Qualifikation ganz verpasst, vor einem Jahr verlor ich in der zweiten Quali-Runde und jetzt das. Das ist einfach unglaublich“, sagte Zverev.

An seinen jungen Sparringspartner von damals erinnerte sich Federer wohl nicht mehr, das war Zverev klar, doch er wusste auch genau, dass sich der Weltranglistenzweite stets akribisch über aktuelle Ergebnisse und die Form seiner Konkurrenten auf dem Laufenden hält. Und so war Federer nicht entgangen, dass es im Foro Italico einen inzwischen 21-jährigen Hamburger gab, der sich aus der Qualifikation in die Runde der besten acht gekämpft und dabei die Topspieler Tomas Berdych, Paul-Henri Mathieu und Gilles Simon bezwungen hatte. Die freche und unbekümmerte Art, mit der Zverev dabei auftrat, und sein variables Linkshänderspiel, das er nach Bedarf mit Serve-and-Volley-Taktik oder von der Grundlinie aufziehen kann, brachten dem derzeit 76. der Weltrangliste viele Sympathien ein. Schon jetzt ist sicher, dass Zverev sich in dieser Woche um fast 20 Plätze verbessert hat und ab Montag so hoch wie zuvor noch nie positioniert sein wird.

„Ich mache mir vor einem Match nie große Gedanken, ich bin ganz entspannt“, hatte Zverev in den Tagen von Rom immer wieder betont. Auch gegen Federer schien er nicht nervös und hielt besonders im ersten Durchgang gut mit. Doch Zverev war sich bewusst, dass er an einem normalen Tag keine Siegchance gegen den Schweizer haben würde. Dennoch genoss er das Duell mit seinem Vorbild sichtlich. „Das könnte ruhig öfter passieren. Mir sind kaum Fehler passiert. Roger hat mir gratuliert zu dieser tollen Woche. Jetzt kennt er mich“, sagte Zverev.

Deutlich angespannter wirkte dagegen Zverevs Vater Alexander auf der Tribüne, der ihn von klein auf coacht. Er selbst spielte in den 80er Jahren für die damalige Sowjetunion im Daviscup. Als Mischa drei Jahre alt war, zog die Familie von Moskau nach Hamburg. Russisch spricht Mischa Zverev mit deutschem Akzent, das sagt zumindest Marat Safin. Die ehemalige Nummer eins der Welt aus Russland geht bei den Zverevs ein und aus. Dass Zverev viel mit Safin auf dem Trainingsplatz steht, kam seiner Entwicklung in den vergangenen Monaten deutlich zugute, seine bodenständige Art tat ihr übriges. „Ich werde meiner Mutter erst einmal etwas Schönes von meinem Preisgeld kaufen. Meiner Oma auch und meinem Bruder – meiner ganzen Familie“, kündigte Zverev strahlend an. Zweifellos, Mischa Zverev war der Lichtblick in den oft trüben Tagen von Rom.

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