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© dpa

Supercup: Es geht um nichts und alles

Beim Supercup in dieser Woche wollen sich die deutschen Handballer für die EM im Januar einspielen.

Ein Lächeln huscht Johannes Bitter über die Lippen. „Vielleicht wird die Szene bei der Videobesprechung noch mal laufen“, sagt der Torwart der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Diese spektakulären Sekunden, die im Januar bei der WM Millionen von Fernsehzuschauern mit bangem Blick verfolgten. Als damals Bundestrainer Heiner Brand nach dem Hauptrundenspiel gegen Norwegen (24:25) auf den slowenischen Schiedsrichter zulief, ihm mit erhobener Faust drohte, weil er es nicht fassen konnte, dass der Referee in den letzten Sekunden keine Auszeit gab, sondern einen Einwurf zweimal wiederholen ließ und die Zeit verstrich. Deutschland, der Weltmeister von 2007, schied daraufhin aus und beendete das Turnier als Fünfter.

Dieser Auftritt, der Brand später ein wenig unangenehm war („So wird man mich nie wieder sehen“), wird nun wieder in Erinnerung gerufen. Denn beim Auftakt des Supercups trifft Gastgeber Deutschland am Donnerstag um 20.30 Uhr in Köln erneut auf Norwegen. Das Lächeln von Bitter freilich beweist, dass das WM-Ausscheiden längst verarbeitet ist. „Natürlich vergisst man eine solche Szene nicht“, sagt Bitter. „Aber der Sport ist so schnelllebig.“ Er werde keinen Gedanken verschwenden an die Vergangenheit, sagt der 115-malige Nationalspieler, und auch nicht an die weiteren Gegner, auf die das Brand-Team am Samstag in Halle/Westfalen (Schweden) und am Sonntag in Hannover (Dänemark) trifft. „Bei einem solchen Turnier konzentrieren wir uns auf uns selbst“, lautet das Credo des Torwarts vom HSV Hamburg.

Wer am Sonntag in Hannover den Siegerpokal in die Höhe stemmt, ist fast unerheblich. „Letztlich geht es sportlich um nichts“, sagt Linksaußen Torsten Jansen (HSV), der mit 164 Länderspielen routinierteste Nationalspieler. „Wir müssen sehen, dass wir kleine Dinge einstudieren“, sagt Jansen. Das Vier-Nationen-Turnier dient einzig und allein der Vorbereitung auf die nächste große Meisterschaft: die Europameisterschaft in Österreich, die am 19. Januar 2010 startet. Jansens Kollege auf der Linksaußenposition, Dominik Klein vom THW Kiel, sieht die Mannschaft dennoch auch in der Pflicht. „Wir müssen das, was wir bei der WM in Kroatien aufgebaut haben, erneut bestätigen und mit Spaß auftreten.“

Im Brennpunkt des Interesses dürfte Lars Kaufmann stehen. Der 1,99-Meter-Hüne von Frisch Auf Göppingen, den die Fachpublikation „Handballwoche“ just mit der Auszeichnung „Spieler des Monats“ bedachte, muss auf der halblinken Königsposition den Hamburger Rückraumstar Pascal Hens ersetzen, der seine Teilnahme an der Europameisterschaft wegen mangelnder Fitness nach seiner Achillessehnen-Verletzung abgesagt hat. Kaufmann hat bereits wichtige Erfahrung sammeln können: Sein Auftritt im dramatischen WM-Halbfinale 2007, als er gegen Frankreich am Ende der zweiten Verlängerung ein Tor warf und dann einen Siebenmeter herausholte, ist noch eindrücklich in Erinnerung.

Und doch stellt der Supercup im eigenen Land eine Premiere dar, da der wurfgewaltige Kaufmann nun als erster Mann auf halblinks agieren muss. „Das ist eine ganz normale Vorbereitung“, sagt Kaufmann, und auch Heiner Brand versucht, dem 27-Jährigen den Druck zu nehmen. „Ich erwarte mir von ihm nichts anderes als in den vergangenen Jahren – er bekommt keine besonderen Aufgabenstellungen“, sagt der Bundestrainer, der Kaufmann bescheinigt, sich im spielerischen Bereich verbessert zu haben.

Brand muss beim Supercup erneut einen Spagat bewältigen. Auf der einen Seite ist da die große Belastung der Profis, die womöglich dafür sorgt, dass in einem solchen Turnier nicht das gesamte Leistungsvermögen abgerufen wird. Andererseits ist Brand gewillt, mit seinem Team trotz des geringen sportlichen Wertes einen präsentablen Auftritt hinzulegen. Zumal auch ARD und ZDF die Partien am Wochenende übertragen. „Wir können es uns nicht leisten, mal ein Turnier nur locker anzugehen“, hat der 57-jährige Gummersbacher dieser Tage im „Kölner Express“ erklärt. „Denn den guten Status, den wir uns erarbeitet haben, wollen wir behalten.“

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