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Sport: Der Star wird Azubi

Guido Fulst hört nach den Berliner Sixdays auf

Berlin - Er ist Berliner, er ist Vorjahressieger, und er beendet am Dienstag seine Karriere. Doch gegen die Heldentat des Schweizers Franco Marvulli kam Guido Fulst beim Auftakt des Berliner Sechstagerennens am Donnerstagabend im Velodrom nicht an. Fulst, der 37-Jährige vom Marzahner RSV, absolviert seine letzten Sixdays mit gesunden Knien, Marvulli hingegen fährt mit Kreuzbandriss – und wurde von den Fans bei der Fahrervorstellung deshalb am lautesten gefeiert.

Später konnte sich freilich auch Fulst nicht über mangelnde Unterstützung der rund 12 000 Zuschauer beklagen. Während er um die Bahn jagt, „ist keine Zeit für Wehmut“, sagt Fulst, „aber danach schon, wenn man sieht, wie sehr das Publikum mitgeht.“ Bis zum Dienstag gegen Mitternacht, wenn die Entscheidung fällt, kann er diese Atmosphäre noch genießen. Eine Abschiedsfeier im Anschluss ist nicht geplant, „ich glaube nicht, dass ich dazu dann noch im Stande bin“, sagt Fulst lachend. Erst recht nicht, wenn das Finish so dramatisch wird wie im Vorjahr. Damals profitierten Fulst und Leif Lampater von den auch verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Duos Bruno Risi/Franco Marvulli und Robert Bartko/Andreas Beikirch. Bei der letzten Jagd des letzten Abends sicherten sich Fulst und Lampater mit einem Rundengewinn 20 Runden vor Schluss den Sieg.

Auch die Große Jagd über 45 Minuten am Donnerstag gewannen Fulst und Lampater, nach der ersten Nacht lagen sie mit einem Punkt Rückstand auf Risi und Marvulli auf Platz zwei. Mit Fulst geht den Berliner Sixdays einer seiner größten Stars verloren. Fast zwei Jahrzehnte gehörte er zur Weltspitze und feierte vor allem mit dem deutschen Bahnvierer herausragende Erfolge. 1992 holte er bei den Olympischen Spielen in Barcelona ebenso Gold wie acht Jahre später in Sydney. Fulst, Robert Bartko, Daniel Becke und Jens Lehmann durchbrachen dort als erste Mannschaft der Welt die Vier-Minuten-Grenze. Außerdem gewann Fulst 2004 in Athen Bronze im Punktefahren und wurde mit dem Bahnvierer viermal Weltmeister.

Die Zeiten haben sich geändert. Weil Fulst keine Chance sah, in Peking im Sommer um eine Medaille zu kämpfen, kündigte er seinen Rücktritt an. „Ich habe keine Lust hinterherzufahren“, sagt er. Das werden möglicherweise nicht einmal seine Kollegen tun: Ohne Fulst muss der deutsche Bahnvierer sogar um die Qualifikation für Olympia bangen.

Die sportliche Perspektive fehlte, beruflich taten sich Möglichkeiten auf, auch deshalb entschied sich Guido Fulst zum Rücktritt. Er wird sich in einem einjährigen Traineeprogramm zum Objektleiter für eine Servicegesellschaft ausbilden lassen, die sich um Catering und Reinigung in Krankenhäusern kümmert. Viel Zeit für Sport wird Guido Fulst nicht haben, ein bisschen aber schon. Sein Vorgesetzter ist sein ehemaliger Jugendtrainer.

Helen Ruwald

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