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Steile Karriere. Manuel Machata mischt seit seiner ersten Saison vorne mit.

© dapd

Bobsport: Der Konkurrent in meinem Team

Die deutschen Bobteams beherrschen den Weltcup, weil sie sich gegenseitig zu Höchstleistungen treiben.

Von Katrin Schulze

Einen rüberbrennen will er den anderen. Das hat Manuel Machata vor einer Weile angekündigt. Doch deswegen muss jetzt niemand die Polizei verständigen. So martialisch wie es sich anhört, meint er es nämlich nicht. Eigentlich hat sich der Bobpilot lediglich vorgenommen, es der Konkurrenz beim Weltcup und der Europameisterschaft am kommenden Wochenende in Altenberg wieder richtig zu zeigen. Also vor allem den Kollegen im eigenen Lager.

In keinem anderen Land der Welt gibt es so viele gute Bobfahrer wie in Deutschland, für den kleinen und den großen Schlitten. Das provoziert vielleicht manchmal etwas deftigere Ansagen, aber eben auch Höchstleistungen. „Die Konkurrenz untereinander motiviert noch mehr. Wenn man der einzige gute Pilot im Land wäre, könnte man sich vielleicht ein bisschen hängen lassen“, sagt Machata. „Wir aber stehen 365 Tage im Jahr unter Leistungsdruck.“ Oft ist es für die Deutschen tatsächlich schwieriger, sich intern überhaupt für die Weltcup-Saison zu qualifizieren als später die internationale Konkurrenz zu schlagen.

Dass wie neulich beim Weltcup in La Plagne alle drei am Start befindlichen deutschen Vierer-Bobs auf den ersten drei Plätzen landen, ist zwar immer noch die Ausnahme, einer aber schafft es auch in dieser Saison meistens bis ganz nach vorne; entweder Manuel Machata mit seinem Team, Maximilian Arndt oder Thomas Florschütz. Und das ist erstaunlich. Denn ein bisschen hatten sich die Kollegen der anderen Nationen schon darauf gefreut, dass es nach dem Rücktritt des Rekord-Olympiasiegers André Lange im Jahr 2010 vorbei ist mit der deutschen Dominanz im Eiskanal. Dann aber mussten sie im nacholympischen Jahr mit ansehen, wie ein frecher junger Mann gleich in seiner ersten Saison allen davon fuhr, Weltmeister wurde und Gesamtweltcupgewinner.

In dieser Saison fährt der 27 Jahre alte Manuel Machata seinen eigenen Ansprüchen bislang noch hinterher. Gegen den überragenden Florschütz konnte er sich zum Beispiel nur einmal durchsetzen und hat deshalb zuletzt verschärft daran gearbeitet, dass es bald klappt mit dem Rüberbrennen. Während sich Florschütz über Weihnachten ein paar Kilo anfuttern wollte, absolvierte Machata am Heiligen Abend zwei Trainingseinheiten, genau wie an den anderen Tagen, in denen andere es sich zu Hause gern mal gutgehen lassen und gar nichts tun. „Ich muss meine Leistung ausreizen, mich steigern“, sagt Machata im Wissen, dass hinter ihm noch andere darauf warten, eine Chance zu bekommen. Anwärter gäbe es ja genügend.

Bei so viel Talent in einem Team wird es Christoph Langen schon mal mulmig – und zwar nicht nur, weil es natürlich ab und zu Stress gibt, wenn die starken Männer im Winter Tag für Tag fünf Monate am Stück aufeinander hocken. „Wir haben es viel schwieriger als andere, weil wir alle Teams gut ausstatten müssen“, sagt der Bundestrainer und muss dann doch ein bisschen schmunzeln. „Aber natürlich ist es gut zu wissen, dass drei bis vier Teams nach vorne fahren können.“ Deutsche Bobs ganz vorne: Das hat eine lange Tradition – und System.

Von den weltweit 17 wettkampffähigen Bobbahnen stehen vier und damit die meisten in Deutschland. Darüber hinaus werden die Deutschen von der „Forschungsstelle für die Entwicklung von Sportgeräten“ (FES) mit dem wohl besten Material ausgestattet; kein unwichtiges Kriterium in diesem Sport. Ebenso wie die Umstände, unter denen die Bobsportler hier wetteifern können. Von einem „super System“ spricht Machata und davon, dass „wir alle sozial abgesichert sind“. Wie die meisten Wintersportler können sich auch die Profis im Bob durch die Anstellung bei der Bundeswehr oder der Polizei auf ihre Karriere konzentrieren. Manchmal läuft es da „ganz von alleine. Sollen die anderen ruhig mal ins Grübeln kommen“, wie Thomas Florschütz in Winterberg nach seinem Doppelsieg sagte.

Bundestrainer Langen jedenfalls gefällt es, dass sich seine Sportler gegenseitig anstacheln – im Eiskanal und außerhalb. „Die motivieren sich von alleine, weil sie wissen, wie gut die anderen sind“, sagt er. Und es muss für die internationale Konkurrenz fast wie eine Drohung klingen, dass Langen sogar noch eine „stärkere zweite Saisonhälfte“ von seinen Männern erwartet. Vorausgesetzt, Manuel Machata macht seine Ankündigung wahr.

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