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Potsdam-Mittelmark: Wo der Präsident noch selber kickt

Thomas Wehling ist neuer Vorsitzender der SG Töplitz – hier sind all seine Qualitäten gefragt

Thomas Wehling ist neuer Vorsitzender der SG Töplitz – hier sind all seine Qualitäten gefragt Von Thomas Lähns Werder-Töplitz. Wenn Thomas Wehling den Fußballrasen betritt, dann heißt es meistens: „Da kommt der Präsident!“. Manchmal nennen ihn seine Vereinskollegen auch einfach nur „Zoppi“ und spielen damit unmissverständlich auf seine zum Zopf gebundenen langen Haare an. Seit einigen Wochen ist der 43-Jährige Vorstandsvorsitzender der Sportgemeinschaft Töplitz und damit Nachfolger des bisherigen Vereinschefs Ditmar Wick. Das Ehrenamt vergleicht Wehling gern mit der „hässlichen Prinzessin“, die keinen Prinzen findet. Aber Töplitz sei seine heimliche Liebe, eine Insel wo man abschalten kann - und den Sport mag er sowieso. Seit 1997 wohnt Wehling mit Frau und seinen drei Kindern hier, trat damals gleich der Sportgemeinschaft bei. „Nach zwei Jahren durfte ich bei den alten Herren mitspielen, heute bekomme ich sogar mal einen Pass“, witzelt er. Nach und nach habe er sich seine Rolle erkämpfen müssen – „und jetzt ist Zoppi auch noch Präsident“, zitiert er schmunzelnd einige Kameraden. Vor zwei Jahren rief Wehling die Mini-Kickers ins Leben, eine Mannschaft von Fußball-Knirpsen zwischen fünf und sieben Jahren. Er machte den Trainerschein, wurde schließlich Jugendwart. Durch die Kinder- und Jugendarbeit in der Sportgemeinschaft entstehe ein starker Zusammenhalt, die Eltern engagieren sich und alle werden zu einer großen Familie. „Auf dem Dorf ist alles übersichtlicher, hier merkt man, dass man etwas erreicht.“ Seine Rolle als Nachwuchsbetreuer ist nahe liegend: Hauptberuflich arbeitet Wehling als Lehrer. Der Vorteil: „Beim Training kann man schon anders reagieren, gerade bei den Großen ist Schlagfertigkeit gefragt.“ Das Wichtigste, was er seinen Schützlingen vermitteln will, sind Respekt voreinander und gegenseitiges Zuhören. Toleranz allein reiche nicht, dieses Wort sage nicht mehr als „einander dulden“. Beim Sport sollten die Kinder Spaß haben und dürften nicht überfordert werden. Wehlings lockere und lösungsorientierte Art dürfte manche an den ZDF-Serienpädagogen Dr. Specht erinnern. Im Anhaltinischen Haldensleben geboren zog er 1982 nach Potsdam. An der Pädagogischen Hochschule (PH) studierte Wehling Geographie und Sport auf Lehramt. Seine Referendarzeit absolvierte er in der Töplitzer Oberschule, der erste Kontakt zum späteren Wohnort. „Meine damaligen Schüler spielen jetzt mit mir bei der SG.“ Anschließend unterrichtete er in Potsdam. 1997 wurde der Lehrer wieder zum Schüler und belegte berufsbegleitend den Studiengang Theaterpädagogik an der Uni Potsdam. „Ich habe es immer geschafft, mich weiter zu bilden“, sagt er – sei es durchs Studium, durch seine Schüler oder durch Reisen. Mit seiner Musikgruppe „manifest“ tourte der damalige Student bis nach Havanna und Pjöng Jang - noch heute spielt er in der ehemaligen PH-Combo Gitarre, „aber das ist eine völlig andere Geschichte“. Ein weiteres Kapitel ist sein Engagement gegen Rechtsextremismus. Als abgeordneter Lehrer arbeitet er im Potsdamer Büro für Integration und Toleranz. Diese mit den Schulämtern verbundenen Landes-Einrichtungen initiieren Projekte an Schulen, helfen bei der Integration von Zuwanderern und entwickeln Konzepte gegen Fremdenfeindlichkeit. „Rechte Gesinnungen sind immer noch ein Thema, auch wenn es nicht mehr so auffällt“, weiß Wehling aus Erfahrung. Es müssten heutzutage immer erst besonders extreme Fälle auftreten, bevor die Gesellschaft sich damit auseinander setzt, sagt der Pädagoge und erinnert an den Mord von Potzlow. Es gebe einen in der Mitte der Gesellschaft gewachsenen „Alltagsrassismus“, nicht nur einzelne Gruppen seien betroffen, antwortet er auf die Frage nach rechtem Gedankengut in der Sportgemeinschaft Töplitz. Junge Männer mit kurzen Haaren gebe es auch hier, aber die würden merken, dass „bestimmte Meinungen“ nicht zugelassen werden. Der Sport kompensiere unheimlich viel, und Achtung hätten die Jugendlichen vor Wehling allemal, auch wenn er lange Haare hat. Mit den alten Herren kickt Wehling zurzeit in der Kreisliga, die SG Töplitz steht auf Platz zwei. Seine Funktion als Vorstandsvorsitzender ändert scheinbar nicht allzu viel an der Rolle auf dem Spielfeld. „Ich bin nach wie vor Zoppi.“

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