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Potsdam-Mittelmark: „Sie halten nur zusammen“ Zeugin: Kameradschaft Teltow

ist keine rechte Gruppierung

ist keine rechte Gruppierung Von Gabriele Hohenstein Teltow/Potsdam. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft – Volksverhetzung, Störung des öffentlichen Friedens und Körperverletzung – wiegen schwer. Doch das Trio auf der Anklagebank des Jugendschöffengerichts wiegelt ab, redet die vermeintliche Schuld klein. Ernst und aufmerksam verfolgt Gideon O. (36) die Aussagen der Teltower. Der Schwarzafrikaner vermag nicht recht zu glauben, dass er nur zur falschen Zeit am falschen Ort war. „Es hätte auch jeden anderen treffen können“, betonte Alexander L. (24) am ersten Verhandlungstag lakonisch. Er räumte einen Klaps auf den Hinterkopf des in Berlin Lebenden ein und entschuldigte sich bei seinem Opfer. Einen fremdenfeindlichen Hintergrund schloss der Lagerarbeiter ausdrücklich aus. Gideon O. wurde in der Nacht des 26. April 2003 in Teltow im Bus der Linie 117 von einer Gruppe offensichtlich der rechten Szene Zugehöriger beleidigt und brutal zusammengeschlagen und -getreten. Er erlitt Prellungen und Hämatome im Gesicht und am gesaamten Körper. Die Angreifer ließen erst von ihm ab, als der Busfahrer die Polizei alarmierte (PNN berichteten). Leider fehlte der Mann am ersten Prozesstag unentschuldigt, was ihm 150 Euro Ordnungsgeld einbrachte. Wieso er auch am gestrigen zweiten Verhandlungstermin seiner Zeugenpflicht nicht nachkam, lässt Raum für Spekulationen. „Wurden Sie von einem gewissen J. bedroht, dass Ihnen Schlimmes passiere, wenn Sie hier aussagen?“, fragt die Vorsitzende den nächsten Zeugen. Thomas M. (25) windet sich, nickt schließlich. Dabei könne er ohnehin nicht viel erzählen, er sei in jener Nacht „blau wie ein Gaul“ gewesen. „Bei der Polizei haben Sie erklärt, die Angeklagten Alexander L. und Manuel B. sowie der J. seien mit Fäusten auf den Ausländer losgegangen“, hilft die Vorsitzende dem Gedächtnis des Arbeitslosen auf die Sprünge. „Kann schon sein“, nuschelt dieser. An Fußtritte, Neger-Raus-Rufe und wüstes Gegröle würde er sich nicht mehr entsinnen. „Bei der polizeilichen Vernehmung haben Sie auch behauptet, Ihr Kumpel J. müsse in die Irrenanstalt. Er sei ein absoluter Rechter und laufe mit Glatze, Tarnanzug und Springerstiefeln durch die Gegend“, wirft der Verteidiger von Alexander L. ein. „Der J. ist mir einfach eine Nummer zu scharf“, gibt der Zeuge zu. „Wir kamen an diesem Abend von einer Fete und stiegen gegen 23.30 Uhr in den Bus“, berichtet Steffi H. (19). „Eigentlich waren wir in guter Stimmung.“ Kurze Zeit später habe sie eine Auseinandersetzung zwischen dem Farbigen und Alexander L. beobachtet. „Er hat den Ausländer beschimpft und ihm einen Faustschlag ins Gesicht verpasst.“ Wer noch geprügelt habe, könne sie nicht sagen. „Als wir uns später über den Vorfall unterhielten, sagte mir Manuel B., dass er auch zugehauen hat“, berichtet die Beschäftigungslose. „Kennen Sie eine Kameradschaft Teltow?“, fragt die Vorsitzende. „Sie nennen sich untereinander Kameraden“, erzählt die Zeugin, meint damit die drei Angeklagten, J., dem ebenfalls bald der Prozess gemacht wird, und die übrige Clique. Einen rechten Hintergrund habe die Gruppierung allerdings nicht, beteuert sie. „Sie halten einfach nur zusammen.“ Die Verhandlung wird am 6. Februar mit der Vernehmung des Busfahrers und weiterer Zeugen fortgesetzt. Mit einem Urteil ist voraussichtlich am 17. Februar zu rechnen.

Gabriele Hohenstein

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