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Potsdam-Mittelmark: Schweigsame Glocken

Kirchengeläut würde Mauern des Teltower Gotteshauses gefährden

Kirchengeläut würde Mauern des Teltower Gotteshauses gefährden Teltow – Die große Betglocke der Teltower Andreaskirche muss schweigen. Seit vor einigen Jahren klar wurde, ihr Tönen könnte die altehrwürdigen Mauern erschüttern und vor allem den Turm gefährden, sind nur noch die kleine und mittlere Glocke zu hören. Dabei erscheint das Gotteshaus mit seinem Feldsteinmauerwerk wie eine feste Burg. Die Grundmauern, die auf das 13. Jahrhundert zurückgehen, sind anderthalb Meter dick. Doch wie bedrohlich es um die Sicherheit der Kirche steht, wird erst im Inneren sichtbar: Risse im Mauerwerk, Schäden im Dachgebälk und Schwamm setzen der Kirche seit Jahren zu. Als Architektin Sibylle Stich im letzten Jahr die bauliche Substanz in Augenschein nahm, bestätigte sich, dass Turm und Kirchendach dringend saniert werden müssen. Doch bei der Summe von einer Million Euro für die wichtigsten Maßnahmen wurden die Sorgenfalten die Gemeindemitglieder noch größer. Zwar erhoffen sie sich Fördermittel, doch auch bei 40 Prozent Hüllenförderung müssen 600000 Euro erst einmal aufgebracht werden. Auf einer Veranstaltung, zu der kürzlich Gemeindekirchenrat und Förderverein einluden, wurde festgelegt: in diesem Jahr muss ein schlüssiges Finanzkonzept her. Denn vielen ist noch in Erinnerung, wie mühsam einst das Geld für die Sanierung des Pfarrhauses in der Ritterstraße zu beschaffen war. Als bei dem Treffen der ehemalige Superintendent Reinhard Kähler daran erinnerte, unter welchen Bedingungen in den 70er Jahren saniert wurde, war das auch als Ermutigung zu verstehen. Damals fegte ein Sturm die Schieferschindeln vom Turm der Andreaskirch. Ersatzschiefer war nicht zu bekommen, weshalb vorgeschlagen wurde, den Turm abzubauen. Das wäre für die Glocken das Aus gewesen. Weil auch die Nachbarn jenseits des Teltowkanals Turm und Glocken vermisst hätten, wie Kähler aus Gesprächen erfuhr, stand für ihn fest, beides muss erhalten bleiben. Hartnäckig begab er sich auf Materialsuche und im Norden der Republik wurde er fündig. Im Denkmalamt Rostock gab es Kupfer, eine schier unglaubliche Rarität zu jener Zeit. Nur die Handwerker fehlten, die dieses Material verarbeiten konnten. Kähler spürte sie auf am Berliner Dom. Auf einer Baustelle am Alexanderplatz sprach er sie an. Fortan herrschte an Wochenenden emsiges Treiben auf dem Kirchdach. „Das waren richtige Profis, diese Berliner Klempner“, begeistert sich Kähler noch heute und nennt die anschließende Rettung des Dachstuhles durch Berliner Zimmerleute ein „zweites Wunder“. Nun dringt erneut Nässe ins Dach. Mehrere Balkenteile müssen ausgetauscht werden, auch der Dachfirst ist stark geschädigt. Mit Biberschwanz-Dachziegeln soll das Dach gedeckt werden. Ein weiteres Problem ist die Heizung, vor allem für die Schuke-Orgel, denn die Gasheizung entzieht dem Raum derart viel Luftfeuchtigkeit, dass auch das Instrument bereits Risse hat und rasselnde Nebengeräusche von sich gibt. Orgelkonzerte gibt es deshalb in den Wintermonaten schon lange nicht mehr, das Kirchengebäude wird in dieser Zeit kalt gestellt. Die Kirchenmusiker und der Chor unter Kantor Bernd Metzner wollen ab Frühjahr mit Konzerten für die Sanierung von Orgel und Kirche Spenden sammeln. Dass die Gemeinde den Kraftakt nicht allein schafft war den meisten in der Zusammenkunft klar. Die Stadt wolle das Vorhaben unterstützen, bestätigte in der Runde Iris Abraham vom Bauamt, ebenso sicherte Eckhard Hasler vom Sanierungsträger complan Hilfe zu. Deutlich mahnte Hasler jedoch, die Kirchengemeinde habe gleichfalls eine Pflicht, das Baudenkmal, das im Sanierungsgebiet stehe, zu erhalten. Als CDU-Ortsverbandschef Erhard Wigand anschließend eine Spende von 2000 Euro übergab, „damit die Glocke bald wieder zu hören ist", war das auch als Startsignal für die Spendenaktion zu verstehen. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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