zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Schukes größter Auftrag

In den Havelauen wurde gestern die erste Orgelpfeife für den Magdeburger Dom gegossen

In den Havelauen wurde gestern die erste Orgelpfeife für den Magdeburger Dom gegossen Von Henry Klix Werder/Magdeburg - Wenn, wie jüngst zu Weihnachten, 2000 Menschen im Magdeburger Dom „Stille Nacht“ anstimmen und die hübsche kleine Chororgel den Ton angeben will, dann gibt es eine Schwierigkeit: Den polyfonen Kampf gegen das 120 Meter lange und 38 Meter hohe, gotische Kirchenschiff muss das Instrument mit seinen 37 Registern verlieren. Diejenigen, die nicht im Bereich der Paradiespforte stehen, können die meisterlichen Töne aus dem „Schwalbennest“ kaum vernehmen – und schweigen stille, um den Gleichklang nicht zu stören. Das musikalische Magdeburg hat ein Problem: Die alte Hauptorgel des Doms wurde im Krieg zerstört und Jahrzehnte traute sich niemand, an einen Orgelneubau auch nur zu denken. Bis der neue Domorganist Barry Jordan kam. Als er sich ein sinfonisches Bauwerk mit 93 Registern und über 5000 Pfeifen ausmalte, das die gewaltige Kathedrale bis in die letzte Ecke zum Schwingen und Vibrieren bringen sollte, wähnte er sich selbst noch in einer Traumwelt. Doch der Südafrikaner fand Gleichgesinnte, spielte im „Schwalbennest“ 18 Stunden lang sämtliche Orgelwerke Bachs, um auf das Anliegen aufmerksam zu machen. Ein Förderverein wurde gegründet, seit nunmehr sieben Jahren wird Geld gesammelt und um öffentliche Fördermittel geworben. 2 Millionen Euro trennten die „Aktion Neue Domorgel“ vom Ziel, jetzt sind es noch 70000. Das Abenteuer, sagt Jordan, kann beginnen – ein „Abenteuer ohne Risiko“, wie er sich freut. Bei Schuke Orgel in Werder wurde gestern symbolisch die erste Orgelpfeife für den Magdeburger Dom gegossen, weit über 100 Stifter und Spender aus dem Magdeburger Raum nahmen in drei Grüppchen an dem Ereignis in den Havelauen teil. „Mit so einem Andrang haben wir nicht gerechnet“, sagte Orgelbaumeister Matthias Schuke. Sichtlich nervös verfolgte er mit Jordan, wie seine Mitarbeiter den Zinnschlitten über die Sandsteinplatte führten, der einen dampfenden Spiegel hinterließ. Die Magdeburger erfuhren auch von den weiteren Arbeitsschritten, vom Hobeln der entstandenen Blechplatten, die später zu Pfeifen verlötet werden. Auch die Orgelkonstruktion, die Windladen, durch die die Luft zu den Pfeifen strömt, die Mechaniken und die Windanlagen werden in den Havelauen hergestellt. Deutschlandweit dürfte es sich um das derzeit größte Orgelneubauprojekt handeln, hieß es in Werder. Für das Traditionsunternehmen Schuke ist es der bislang größte Auftrag: Bis November hätten seine 31 Mitarbeiter nur damit zu tun, die Orgelpfeifen zu fertigen. Rund 750000 Einzelteile müssen dann von Brandenburg in die sachsen-anhaltinische Landeshauptstadt gebracht werden. Um das 36 Tonnen schwere Instrument aufnehmen zu können, musste die Westempore des Doms für 800000 Euro erneuert und verstärkt werden. Bis hin zum archaisch wirkenden Eichenprospekt, der als Folie schon mal probehalber aufgehängt wurde, werden die Schuke-Leute das Werk vollenden. Im November 2008 soll Orgelweihe sein, zum 800. Dom-Jubiläum im Jahr 2009 wird die Orgel voll zum Einsatz kommen. Nach Schuke bekommt dann Barry Jordan viel zu tun. Dann soll sich auch zeigen, ob das Instrument dauerhaft das Magdeburger Konzertleben bereichern kann. Ganz unbekannt ist der Klang den Magdeburgern nicht: Die kleine, 1969 aufgestellte Chororgel stammt ebenfalls von Schuke.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false