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Potsdam-Mittelmark: Region macht Schule

Um regionales Wirtschaftswachstum dauerhaft zu sichern, müssen Unternehmen und Politik Verantwortung für Bildung übernehmen

Um regionales Wirtschaftswachstum dauerhaft zu sichern, müssen Unternehmen und Politik Verantwortung für Bildung übernehmen Teltow – Das Bildungssystem ist ein Sorgenkind für Schüler, Eltern, Lehrer, Politiker und auch für die Wirtschaft. Gute Gründe, die Debatte um künftige Bildungsziele gemeinsam zu führen. „Region macht Schule“, lautete deshalb das Motto einer Veranstaltung am Montag im Ausbildungsverbund Teltow, zu der etwa 50 Gäste kamen. Unter ihnen Unternehmer, Eltern, Schüler, Schulleiter und vor allem Gemeindevertreter aus Stahnsdorf. Gleich zu Beginn verdeutlichte Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU), dass dauerhaftes Wirtschaftswachstum in der Region ohne Nachwuchs nicht möglich sei. Erziehung und Bildung seien deshalb eine Aufgabe, der sich die regionale „Verantwortungsgemeinschaft“ stellen müsse. Ein gutes Beispiel, wie so etwas funktionieren könnte, erläuterte Schulleiterin Christiane Spaltmann von der Lindenhof-Gesamtschule. So fördere das Projekt „Praxistage“ selbständiges Lernen und zeige Anforderungen in der Berufs- und Arbeitswelt auf. Dabei lernen die Schüler in regionalen Unternehmen wirtschaftliche Zusammenhänge kennen. Zu den positiven Erfahrungen des Projektes gehört, dass lernschwächere Schüler bei der praktischen Tätigkeit Erfolgserlebnisse hatten, durch die sie motiviert wurden. Zudem fanden einige über das Praktikum eine Lehrstelle. Spaltmann regte einen Markt der Möglichkeiten an, bei dem sich Ausbildungsbetriebe vorstellen und Schüler mit Lehrlingen ins Gespräch kommen. Wolfgang Spieß, Fachbereichsleiter bei der IHK Potsdam, informierte, dass bereits schon jetzt 154 Auszubildende aus Potsdam-Mittelmark ihren Lehrvertrag in der Tasche hätten, im letzten Jahr waren es 134. Im gesamten Kammerbezirk würden 12000 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Schwierigkeiten für Brandenburg sieht Spieß vor allem durch die Abwanderung junger Leute. In den nächsten Jahren würden hier 20000 Fachkräfte benötigt, so Spieß. Um die Jugendlichen bei der Berufsorientierung zu unterstützen, bietet die IHK seit kurzem einen kostenlosen Bewerbercheck an. Sensibilisiert für das Thema zeigte sich auch der Unternehmerverband Brandenburg (UVB), der bereits eine Partnerschaft zwischen der Teltower Realschule und einer Firma vermittelte, wie Norbert Gölitzer erklärte. Zugleich bedauerte er, dass viele Angebote wie Technologietage und Wirtschaftsschauen von Schulen nicht zur Information genutzt würden, weshalb er Lehrer und Schulleiter wissen ließ: „Die Unternehmen möchten gern mit Ihnen ins Gespräch kommen“. Beklagt wurde in der Diskussion vor allem, dass die Schere zwischen den Anforderungen der Unternehmen und der Leistungsbereitschaft der Auszubildenden immer weiter auseinander gehe. Aus vielen Redebeiträgen klang der Vorwurf heraus, Schule fordere nicht genügend. Vermisst wurden außerdem Tugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin. Geradezu Vorschub zum Bummeln leiste da die Anordnung, Fehlzeiten nicht mehr im Abschlusszeugnis der 10.Klasse vermerken zu dürfen. Das überraschte auch die Bundestagsabgeordnete Katharina Reiche (CDU), die Gast der Veranstaltung war und darüber informierte, dass Ausbildung künftig in Stufen erfolgen solle und nicht mehr so komplex, da sich viele Berufsbilder verändert hätten. Als unzeitgemäßes Beispiel nannte sie die noch immer dreijährige Lehrzeit für einen Tankwart. Reiche betonte zudem, dass Schule nicht als Reparaturwerkstatt für Versäumnisse des Elternhauses herhalten könne. Doch da widersprach Klaus Vogt von der Gewerkschaft Erziehung: „Es trifft zu, dass ein großer Teil der Eltern seine Erziehungsaufgaben nicht erfüllt, aber um so mehr muss Schule dann Reparaturwerkstatt sein“. Denn angesichts der demografischen Entwicklung könne es sich das Land gar nicht leisten, Schüler auf der Strecke zu lassen. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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