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Potsdam-Mittelmark: Rausschmiss aus Strandbad Ferch

Erfolgreichen Pächtern wurde gekündigt / Bürgermeisterin Hoppe: Fläche soll neu ausgeschrieben werden

Erfolgreichen Pächtern wurde gekündigt / Bürgermeisterin Hoppe: Fläche soll neu ausgeschrieben werden Von Henry Klix Schwielowsee-Ferch. Vor zweieinhalb Jahren war die Freude noch groß: Claudia und Johnny Kristiansen warfen für das in Seenot geratene Strandbad Ferch den Rettungsring. Nachdem dem Vorgänger u.a. wegen viel zu lauter Beachpartys der Laufpass gegeben werden musste, setzten Kristiansens auf Familie statt Disko: Ein Café mit Strandterrasse und Biergarten wurden errichtet, lustige Holzskulpturen aufgestellt, es gab Eis, Kuchen und Theater und manchmal wurde gegrillt. Kita, Hort und Feuerwehr kamen kostenlos rein, im Kinder-Eintrittspreis von 1 Euro war eine Kugel Eis inbegriffen. Über die norwegische Imbiss-Küche kam mancher sogar ins Schwärmen. Und war der Schwielowsee vereist, so wurde am Ufer ein Lagerfeuer zum Aufwärmen entzündet. Lange haben sie am Konzept gefeilt, hart gearbeitet. Etwa 10000 Besucher dankten es in der letzten Saison. Nun könnte all das ein Ende haben. Denn Kristiansens wurde der Pachtvertrag gekündigt. Als Unterpächter von Eigentümer Helmut Berg hatten sie einen Zehn-Jahres-Vertrag, zahlten Monat für Monat die vereinbarten 800 Euro in der Saison und 200 Euro außerhalb. Berg wiederum hatte das Gelände von der Gemeinde gepachtet. Die hat ihm gekündigt, laut Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU), weil die vereinbarte Pacht nicht gezahlt wurde. Damit ist auch die Zeit der Kristiansens als Pächter vorbei. Die Gemeinde muss aus rechtlichen Gründen das Strandbad ausschreiben, so Hoppe. Kristiansens könnten sich an der Ausschreibung beteiligen. In teilweise etwas derben Schreiben von der Verwaltung und vom Rechtsanwalt der Verwaltung wurden Kristiansens die neuen, harten Fakten dargelegt. Sie wurden aufgefordert, das Grundstück sofort zu räumen. Alternativ können sie es bis Februar behalten – zu einem monatlichen Pachtzins von 537 Euro. „Und das im Winter, wenn kaum ein Cent in die Kasse kommt“, sagt Claudia Kristiansen. Ein Angebot, nur für den im Winter genutzten Teil der Anlage zahlen, wurde von Gemeindeseite abgelehnt. Für das Café soll das Ehepaar entschädigt werden, in welcher Höhe ist unklar. Kristiansens meinen, Signale vernommen zu haben, dass sie nur den reinen Gebäudewert zurückerstattet bekommen sollen. „Wir haben uns hier eine Existenz aufgebaut, Konzepte geschmiedet und das Geschäft zum Laufen gebracht“, meint Johnny Kristiansen. „Das kann nicht einfach ohne Ausgleich von Anderen übernommen werden.“ Die Gemeinde könne nicht eine Baugenehmigung für ein Caféhaus erteilen und es selbst in Besitz nehmen wollen, wenn Gäste ein und aus gehen, ergänzt Claudia Kristiansen. Übernimmt man eine Bar in Potsdam, so sei auch nicht nur die Miete, sondern ein Ausgleich für das Geschäft zu zahlen. „Zumal das Ganze ja gut läuft und wir auch weitermachen wollen.“ Für den Strandbadbetrieb sei man bereit, einen Partner mit ins Boot zu nehmen, der in Ferch bereits gefunden worden sei. Beim Café bleiben Kristiansens erstmal stur. Nachdem sie es im Guten versucht haben, wollten sie sich jetzt einen Anwalt nehmen. Bürgermeisterin Hoppe ist über den Protest sauer: Kristiansens hätten schon bei Abschluss ihres Pachtvertrags gewusst, dass ein Gerichtsprozess zur Kündigung ihres Oberpächters Helmut Bergs laufe. „Statt in die Schmollecke zu gehen, sollten sie uns ihre neuen Nutzungskonzepte vorlegen“, meint sie. Bei der Entschädigung des Cafés richte man sich streng nach den rechtlichen Bestimmungen. Auch die Ausschreibung sei erforderlich, weil sie vom Gesetzgeber gefordert ist. Mutmaßungen aus dem Ort, dass die Gemeinde mit dem Strandbad etwas völlig anderes vorhat, widerspricht Hoppe vehement: „Das Ziel des Ortsbeirates und der Gemeinde ist ganz klar formuliert: Das Strandbad Ferch soll im nächsten Jahr wieder laufen.“ Viel habe man vor: Es soll Zentrum für Segelregatten werden, der in Gründung befindliche Fercher Segelklub soll dort sein Domizil bekommen. Kita und Hort sollen weiter kostenlos reinkommen. Alles in allem spiele das Bad eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung der touristischen Infrastruktur. In der heutigen Gemeindevertretung solle die Ausschreibung beschlossen werden. Dass Kristiansens bislang gute Arbeit geleistet haben, sei ihr bekannt, sagt Hoppe. Sie hätten deshalb auch dieselben Chancen wie alle anderen Bewerber. „Zu verschenken haben wir aber nichts.“ Und was die Pacht für die Übergangszeit bis Februar anbetrifft, so habe man sich an gutachterliche Werte gehalten, unterstreicht die Bürgermeisterin. „Die Pacht ist dieselbe wie beim Fercher Campingplatz, das ist ja auch ein Saisongeschäft.“ Ein Irrtum: Auf dem Campingplatz werden 75 Cent pro Quadratmeter gezahlt, im Strandbad sollen es 1,50 Euro sein. Ausgeschrieben werden soll die Fläche, so wird gemunkelt, sogar für 1,75 Euro. Kommentar von Johnny Kristiansen: „In Glindow zahlt der Betreiber keinen Cent, weil man froh ist, wenn es sich so alleine trägt.“ Wie für einen Pachtzins von 1,75 Euro ein Strandbad für die Fercher betrieben werden soll, sei ihm ein Rätsel.

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