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Potsdam-Mittelmark: Netzwerk gegen Netzverknüpfung

In Caputh bildet sich die Bürgerinitiative Nummer Sechs, in Golm soll bald die nächste folgen

Schwielowsee / Potsdam - Fünf Vereine und Bürgerinitiativen gegen die Potsdamer Ortsumgehungsstraße bestehen bereits. Jetzt wird eine sechste in Caputh dazukommen. Nach einer Bürgerversammlung am Donnerstagabend im Forsthaus Templin haben sich 20 der etwa 100 Teilnehmer verbindlich bereiterklärt, eine Caputher Initiative tatkräftig zu unterstützen, sagte der Ko-Initiator der Runde, Hans-Joachim Kursawa, gestern den PNN. Die Gründungsversammlung soll unter dem Stichwort „Bürgerspange Nullvariante“ innerhalb von 14 Tagen stattfinden. „Damit schließen wir den Ring der gallischen Dörfer rund um den Templiner See“, sagte Kursawa.

Die Initiative werde sich besonders gegen die Planungen für die Templiner Spange wenden. Die Verbindung entlang der Bahn zwischen B 1 und B 2 über den Templiner See ist das erste Teilstück der so genannten Netzverknüpfung, für das durch den Bundesverkehrswegeplan eine Finanzierungschance besteht. Mit weiteren Ästen nach Werder, Golm und Bergholz-Rehbrücke will die Stadt Potsdam ihr Bundesstraßenkreuz entlasten, die Finanzierung dafür steht in den Sternen.

Nicht nur Elvira Schmidt von den „Bürgern für Bergholz-Rehbrücke“ hegt Zweifel, ob bei sieben Prozent Durchgangsverkehr in Potsdam ein Entlastungseffekt entsteht, der das 150-Millionen-Euro-Projekt und den Schnitt durch die Havelseenlandschaft rechtfertigt? Vielmehr würde, zum Beispiel durch Maut-Umfahrer, neuer Verkehr in die Region gezogen. Schmidt: „Die Ortsumgehung belastet mehr, als dass sie entlastet. Vom Erholungsort Caputh bleibt da nichts übrig.“

Die Caputher Initiative will sich laut Kursawa denn auch darauf konzentrieren, welche Auswirkungen die neue Havelbrücke auf die Lärmentwicklung, die Wohnqualität und die touristische Zukunft der Region haben würde? Unter anderem steht die Frage, wieweit der Landschaftsschutzstatus des Templiner Sees das Verkehrsprojekt erlaubt? Als „Important Bird Area“ schätzt die Vogelschutzorganisation „Birdlife International“ den See als Schutzgebiet von europäischem Rang ein. Vor allem als Winterrastplatz hat er für den Vogelschutz Bedeutung.

Zudem will die Caputher Initiative die Arbeit der so genannten „Arbeitsgemeinschaft integriertes Verkehrskonzept Potsdam - Potsdam-Mittelmark“ kritisch begleiten. Die AG prüft die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines Raumordnungsverfahrens. Der Abschluss eines solchen behördlichen Planungsverfahrens wäre die Voraussetzung, um Baurecht für die Templiner Spange zu schaffen. Schon jetzt kündigte Kursawa eine Bürgerversammlung für die Caputher nach der Sommerpause an, auf der über die AG berichtet werde.

Bei ihrem Vorgehen will die neue Initiative von den Erfahrungen der fünf bestehenden Gruppen profitieren, die sich bei der Bürgerversammlung vorstellten. Die Protestgemeinde habe es geschafft, dass das Thema transparent und die Öffentlichkeit im politischen Diskussionsprozess nicht ausgeschlossen wurde, meint Gunnar Assmann von der Initiative „Werder blüht was“. „Unser Bürgermeister Werner Große hat sich vom unwissenden Befürworter zum Skeptikern gewandelt.“

Unter dem Dach des Argus Potsdam e.V. sind die Protestgruppen seit Jahren vernetzt. Auch eine Bürgerinitiative in Golm soll jetzt reaktiviert werden – es wäre die Nummer Sieben im Protestkreis. Aus dem politischen Raum gibt es teilweise Rückendeckung – die Gemeindevertretungen in Michendorf und Schwielowsee haben sich bereits gegen das Projekt gewandt. Die Gemeindevertreter Andree Halpap (Bündnisgrüne, Michendorf) und Jürgen Scheidereiter (Bürgerbündnis Schwielowsee) gehörten ebenso zu den Veranstaltungsgästen wie der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jens Klocksin.

„Es wäre ein wirtschaftlicher Schaden für Potsdam, wenn durch die Ortsumgehung die Kulturlandschaft beeinträchtigt wird“, sagte Klocksin. Die Straße mache wegen des geringen Entlastungseffekts auch verkehrlich keinen Sinn. Eine breite öffentliche Bewegung gegen das Projekt könnte politische Meinungsbildung im Landtag befördern. Klocksin: „Wir haben in Brandenburg in der Vergangenheit ja leider häufig Straßenbaumaßnahmen in Dimensionen erlebt, die in keinem Verhältnis zum Verkehrsaufkommen stehen.“Henry Klix

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