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Potsdam-Mittelmark: Kunst für Kopf und Bauch

Zehn Jahre Kulturzentrum in Glindow: Ein Blick zurück auf Sternstunden und Illusionen

Zehn Jahre Kulturzentrum in Glindow: Ein Blick zurück auf Sternstunden und Illusionen Von Elisabeth Richter Werder · Glindow- Zehn Jahre Kunsthof Glindow! Das sind zehn Jahre voller Pläne und Ideen, Kunst aufs Land zu bringen, zehn Jahre tatkräftigen Anpackens in künstlerischen Kursen und auch ganz handwerklich am Bau. Und es sind zehn Jahre, in denen sich hochfliegende Pläne an der Realität reiben und auf ein pragmatisches Maß zurechtgestutzt werden mussten. Das Jubiläum wurde gebührend gefeiert: mit Sekt und Buffet, einer Ausstellung, einem Dia-Vortrag über die Geschichte des Kunsthofs und einem Konzert der Brandenburger Gruppe „Patchwork“. Die Begrüßung lag in den Händen von Gudrun Mader, Grafikerin und Kunsttherapeutin, die 1993 gemeinsam mit ihrem Mann Hajo Mader erste Überlegungen anstellte, den heruntergekommenen ehemaligen Gasthof an der Dorfstraße in ein Kulturzentrum zu verwandeln. Seither hat sie selbst viele Malkurse hier angeboten und hat viele Menschen ermutigt, sich auszudrücken und zu experimentieren, um „Kopf und Bauch in Einklang zu bringen“, wie sie sagt. Die ausgestellten Bilder, Aquarelle und Acrylarbeiten, waren denn auch allesamt Arbeitsergebnisse des Kurses „Kunst für Kopf und Bauch“, viele Naturmotive, teils gegenständlich dargestellt, teils spielerisch verfremdet. Ein kleiner Raum war dem Keramikkurs (Leitung: Inge Schmidt) gewidmet. Hier waren Tontiere, Menschen und etliche witzige Objekte zu sehen, wie beispielsweise die Bananen mit Knopf- und Reißverschluss. Ein ausgehängter, schriftlich festgehaltener Dialog zwischen Kursteilnehmerin und Leiterin war ein besonders liebenswertes Detail der Jubiläumsausstellung, brachte dieses „Ach, das kann ich nicht“ doch so gut die Gründe für die innere Blockade der Kreativität auf den Punkt. Und genau an dieser Bruchstelle zwischen dem Möchten und dem tatsächlichen Können setzen die Kurse des Kunsthofes an: Trau dich was, lautet die Botschaft, spiel mit dem Material, spiel dich frei. Kunst „für Kopf und Bauch“ eben. Nach wie vor sind Gudrun und Hajo Mader die Eltern des Kunsthofs. Bis Februar dieses Jahre gab es stets ABM-Kräfte, die mitarbeiteten, doch mit deren endgültigem Wegfall drohte die bisherige Organisationsform zusammenzubrechen. Es gab Verkaufsverhandlungen, die allerdings zu keinem Abschluss führten. Dennoch musste das Nutzungskonzept des Kunsthofs aus finanziellen Erwägungen geändert werden. Seit Juli dieses Jahres wird der große Saal wochentags kommerziell vermietet. Das zieht unter anderem nach sich, dass die Kindertanzgruppen nicht weiter geführt werden können und das Wandertheater Ton und Kirschen dort nicht mehr proben kann. Ein vierköpfiger neuer Vereinsvorstand wurde gewählt mit der Vorsitzenden Astrid Pappert. Der Vereinsvorstand prüft derzeit, wie das Kursangebot zu erweitern ist. Anfängliche Pläne, die Organisationsarbeit auf verschiedene Vereinsmitglieder aufzuteilen, erwiesen sich als nicht praktikabel, und somit ist nun doch Gudrun Mader nach wie vor diejenige, die die Kunst im Kunsthof organisiert. Wie viel in diesen zehn Jahren geleistet wurde, aber auch, welche Vorstellungen illusionär waren, machte der Dia-Vortrag von Hajo Mader deutlich. Man konnte den Kunsthof in seinen verschiedenen Baustellen-Stadien sehen, konnte die Fortschritte erkennen und hörte von über tausend freiwilligen Arbeitsstunden von Freunden und Vereinsmitgliedern: Hajo Mader dankte den Förderern und Sponsoren, wie dem Kultusministerium, der Stadt Werder, dem Ort Glindow und der Mittelbrandenburgische Sparkasse. Ein Streifzug durch die Veranstaltungen zeigte im Rückblick, was vom Publikum angenommen wurde und was nicht. Von den Jazz-Abenden – „immer nur acht Zuschauer“ – musste man sich verabschieden, dafür wurden andere Schwerpunkte gesetzt wie die Kooperation mit anderen Kulturträgern wie der Ziegelei Glindow, dem Heimatverein und „Ton und Kirschen“. Und man erschloss sich mit Tanz und Theater eines neues Klientel: die Kinder. Es gab etliche Sternstunden im Kunsthof: der Besuch der Berliner Ensembles 1994 mit einem Brecht-Stück, Flamenco mit Laura Santiso, Internationale Musikgruppen, Kindertheater, Kasperfrühstück mit Wolfgang Lasch, Umwelt- und internationale Projekttage mit afrikanischer Küche und Trommeln. Es gab Bildhauer-Workshops und Flohmärkte, es gab Bigband und Schwenkhops bis die Puste ausging, und es gab die wunderbaren außergewöhnlichen Konzerte mit dem Schlag- und Blasinstrumentalisten Boris Sichon. Da kann man – alles in allem – nur sagen: Glückwunsch! Und bei allen Engpässen: Es geht weiter, das Programm bis zum Jahresende steht. Weiter im Programm: 4.-8. 10. und vom 11.-15. 10. Kreativworkshops mit Künstlerinnen aus Berlin; 16.10., 20 Uhr: Orientalische Nacht mit dem Anjumensemble; 23.10., 19.30 Uhr: Kabarett: „The best of Matthias Machwerk“. Kasperfrühstück am 7.11. um 10 Uhr.

Elisabeth Richter

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