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Potsdam-Mittelmark: Harte Lektionen und Leckerlis

In der Hundeschule Werder lernen nicht nur die Vierbeiner / Warnung vor unbedachten Weihnachtsgeschenken

In der Hundeschule Werder lernen nicht nur die Vierbeiner / Warnung vor unbedachten Weihnachtsgeschenken Von Thomas Lähns Werder. Der Unterricht im Freien scheint Sabine Beckmann besonderen Spaß zu machen. Zufrieden und etwas belustigt beobachtet sie ihre Schützlinge. Sie sollen sich noch etwas beschnüffeln, bevor die Stunde beginnt. Die Kleinen rennen über den Platz, balgen und rollen sich durchs Laub. Schließlich geht es mit Übungen los, alle stellen sich im Kreis auf. Eiko, Elvis, Lucie und all die anderen werden gerufen. Einige wollen sich zuerst gar nicht beruhigen und lieber noch weiterspielen, andere drehen schon erwartungsvoll ihre Knopfaugen nach oben. Sabine Beckmann beobachtet alle. „Lotte, komm her!“, ruft ein junger Mann etwas verzweifelt seinen Golden Retriever, der Kleine hört nicht sofort – für ihn ist es heute die erste Stunde. Auch andere Vierbeiner brauchen etwas, um sich zu orientieren. Jeden Sonntag wird der Hundeplatz an der Phöbener Chaussee durch die Welpen mit Leben erfüllt, da hört man glockenhelles Bellen, zartes Knurren, und immer wieder die Rufe von Frauchen und Herrchen. „Das hier ist keine Dressur, die Welpen sollen spielerisch lernen“, sagt die Hundeausbilderin Sabine Beckmann. „Bines Welpenspiele“, so heißt ihre Hundeschule. Und der Name ist Programm. Keine Schutz- oder Wachhunde sollen hier ausgebildet werden – vielmehr lernen die acht bis zwanzig Wochen alten Vierbeiner, unterteilt in altersgerechte Welpengruppen, wie sie sich zu benehmen haben: im Umgang mit Artgenossen, mit Fremden – und vor allen Dingen mit dem Besitzer. Auch kleine erste Gehorsamsübungen wir „Sitz!“, „Platz!“ und ordentliches Leinelaufen werden ihnen vermittelt. Die erste Lektion in dieser Stunde: Das richtige Verhalten beim Tierarzt. Die angeleinten Welpen sollen eine Untersuchung über sich ergehen lassen. „Schaut in die Ohren, überprüft die Pfoten“, weißt Sabine Beckmann die Hundebesitzer an. Danach werden die Welpen getauscht – sie sollen sich das ja auch von einem Anderen, dem Tierarzt, gefallen lassen. Als Nächstes sollen die Vierbeiner lernen, dass sie nichts von Fremden annehmen oder Kindern Essbares aus der Hand reißen dürfen, es sei denn, es wird ihnen gestattet, das Leckerli zu nehmen. Sabine Beckmann und ihre Freundin Frances halten den Kleinen Hundekekse vor die Nase, während die Hundebesitzer ihr Tier durch ein Korrekturwort davon abhalten. „Nein, nein!“, jeder ist mal dran. Antje Döring und Sascha Hermann aus Göhlsdorf halten ihre Bulldogge Lola liebevoll fest. Das Hundebaby versucht noch ab und zu, auszureißen. „Sie ist ganz schön frech, aber eigentlich eine ganz Liebe“, sagt die Besitzerin. Den Unterricht habe sie empfohlen bekommen und möchte auf jeden Fall dabei bleiben. Neun mal 90 Minuten umfasst das Welpentraining insgesamt, mit kostenloser Schnupperstunde. Ein wenig Theorie und jede Menge Praxis. An diesem Tag lehrt Sabine Beckmann vor Ort auf dem Hundeplatz, an anderen aber auch mal im Bahnhof, in einem Cafe - sogar ein Besuch auf einem Reiterhof ist inbegriffen. Die Kleinen sollen sich an alle Umweltreize gewöhnen, das sei während der Prägungszeit sehr wichtig. So wird es an diesem Tag auch noch ein Silvestertrainig geben: mit Tröten und Pfeifen jagen die Besitzer ihren neuen Hausgenossen einen gehörigen Schrecken ein. Trösten ist verboten – „sonst wird die Angst zum Dauerzustand“, warnt Beckmann. Über die Welpenspiele hinaus gibt es Kurse bis zum Hundeführerschein, Agility-Training, gemeinsame Spaziergänge, Spielstunden für Groß und Klein, Clickertraining und Kindergruppen in den Ferien. Das Miteinander ist für die Leiterin der Hundeschule besonders wichtig: „Hier entstehen Freundschaften fürs Leben, sowohl zwischen den Hunden, als auch den Besitzern.“ So kommt es auch in den Spielpausen zu Gesprächen: „Nach den ersten drei Tagen ist sie richtig aufgeblüht“, berichtet der frisch gebackene Hundebesitzer Ulrich Hinkel aus Werder über seinen Schützling Chanelle. Das schwarze Cocker Spaniel-Mädchen hockt erwartungsvoll zu seinen Füßen, quietscht vor Freude einen hohen Ton heraus und rast plötzlich zum Spielen los. Es ist sein erster Hund, seit acht Tagen wohnt das Tier bei ihm. „Es ist wichtig, dass Chanelle unter ihresgleichen kommt und sie was lernt“, begründet er die Teilnahme. „Hunde sind mein Leben“, sagt Sabine Beckmann, die sich schon seit 15 Jahren mit Hundeerziehung und Verhaltensberatung beschäftigt. Die Hundeschule werde zwar als Gewerbe geführt, doch sei der Umgang mit den Tieren weit mehr als nur ein Job. „Es geht nicht immer ums Geld“, Tierheim-Hunde bekommen in der Hundeschule Rabatt, Straßenhunde des Vereins „Faza Aegina“ lernen sogar gratis. Aus dem Hobby „Hund“ ist für Sabine Beckmann eine Lebensaufgabe geworden. Mit Sorge blickt sie auf die Weihnachtszeit, wenn wieder zahlreiche Welpen verschenkt werden und die Besitzer am Ende nicht mit den Tieren umgehen können, sie vielleicht ins Tierheim geben. Telefonberatung und zusätzliche Kurse – mehr könne sie leider nicht tun. Im Internet unter: www.bines.welpenspiele.beep.de

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