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Potsdam-Mittelmark: „Das Leben anderer ein Stück besser gemacht“

Erika Haenel erhielt für ihr ehrenamtliches Engagement den Bundesverdienstorden

Erika Haenel erhielt für ihr ehrenamtliches Engagement den Bundesverdienstorden Von Kirsten Graulich Berlin/Rehbrücke. Erika Haenel kannte das Schloss Bellevue bisher nur aus den Fernsehnachrichten. Ein bisschen unwirklich kommt es der Rehbrückerin deshalb schon vor, als sie am Morgen des 1.Oktober selbst über den Kiesweg zum Amtssitz des Bundespräsidenten geht. Ein besonderer Tag ist es auch für die anderen 120 Gäste, die aus allen Bundesländern angereist sind. Denn sie werden Bundespräsident Johannes Rau begegnen, der 45 von ihnen für ihr ehrenamtliches Engagement mit dem Bundesverdienstorden auszeichnet. Der rote Teppich auf der Freitreppe wirkt wie ein Ausrufezeichen zum saftigen Grün des Rasens, der dicht und kurz geschoren auch an diesem Morgen seine Bewunderer findet. In Eingangshalle und Treppenhaus wird jeder Schritt der Gäste von weichen Teppichen gedämpft. Auch die Stimmen der Gäste werden leiser, während sie an Pilastern und Wandvertäfelungen vorbeilaufen und auf dem Treppenabsatz eine sehr alte Amphore bewundern. Schon einen Tag zuvor hatte Erika Haenel an einer Führung durch das Bundespräsidialamt teilgenommen. Gefallen hat ihr vor allem der Neubau des Amtes, dessen anthrazitfarbene Granitoberfläche von Vorübergehenden meist übersehen wird. „Klar und schlicht sind auch die Räume innen“, schwärmt sie. Zur Feierstunde ist sie mit Tochter Ulrike gekommen, obwohl andere sie auch gern begleitet hätten. Es sei schon ein Problem, bedauert ebenso Bundespräsident Rau in seiner Rede, dass jeder Ausgezeichnete nur einen Begleiter mitbringen dürfe, weil der Saal leider viel zu klein sei. Dabei würden diese Ehrentage zu den schönsten seiner Amtszeit zählen, auch „weil es nur im Zusammenhang mit dem Tag der Deutschen Einheit eine so bunte Gesellschaft im Schloss gibt“. Der bunten Gesellschaft gehören auch dieses Mal wieder Prominente und Unbekannte an, „die das Leben anderer ein Stück besser gemacht haben", wie Rau betont. So wurden mit dem Verdienstkreuz am Bande neben dem Fernsehmoderator Alfred Biolek und dem Schriftsteller Ingo Schulze auch Ärzte, Forscher und eine Ordensschwester geehrt. „Bitte tragen sie ihn gern", gibt das Staatsoberhaupt den Empfängern des Ordens mit auf den Weg und lässt dabei auch durchblicken: „Deutsche tun sich schwer mit Symbolen, denn wir haben ein gebrochenes Verhältnis zu unserer Geschichte." Viele würden ihren Orden deshalb nur stellvertretend für Mitarbeiter und Freunde annehmen. Eine, die ähnlich denkt, ist Erika Haenel, weil das, was sie im Ort anregte, doch viele mitbewirkt hätten, wie sie betont. Aber sie freut sich doch, als ihr der oberste Repräsentant der Bundesrepublik völlig unpathetisch und leise bestätigt, sie habe sich um das Gemeinwohl verdient gemacht. In knappen Sätzen werden in der Laudatio ihre Verdienste genannt: Sie war ehrenamtliche Übungsleiterin, betreute Schwerstbehinderte, organisierte Kulturveranstaltungen und gehörte 1989 zu den Gründern der „Unabhängigen Bürgerinitiative“. Seit vielen Jahren ist die heute 71-Jährige Vorsitzende des Ortsvereins, der sich der Heimatpflege und dem Umweltschutz widmet und monatlich den „Nuthe-Boten“ herausgibt. Als Vertreterin von Bündnis 90/Grüne arbeitet sie seit der Wende in der Gemeindevertretung. Nach der Zeremonie streicht Erika Haenel fast verlegen über das kleine schwarz-rot-goldene Band auf ihrer Jacke, während sie in der anderen Hand die Schatulle hält, in der der Orden verwahrt liegt. Ja, sie werde den Orden tragen, aber nicht täglich, wehrt sie lachend ab. Über die Ehrung hat sich auch Tochter Ulrike Kochan gefreut, die über ihre Mutter sagt: „Sie hat viel Energie, und sie ist beseelt davon, sich für den Ort zu engagieren, aber viel zu bescheiden, um zu glauben, die Ehrung meine nur sie." Eine Feier des Ordens wegen, will sie nicht, weiß auch Mitstreiter Peter Breuer. „Aber im kleinen Kreise werden wir sie schon noch hochleben lassen." Als er Anfang der 90er Jahre wieder in sein Elternhaus zog, war sie für ihn der Schlüssel zum Ort. „Bei Frau Haenel liefen immer wieder die Fäden zusammen", schildert er, wie sie Alt- und Neubürger an einen Tisch brachte. Dabei sei sie immer ruhig und freundlich geblieben, manchmal aber auch hartnäckig. Vieles habe sie so voran gebracht. Mit ihrer Energie hat sie nicht nur Breuer angesteckt, der zugleich erfahren hat: „Für eine Sache kann sie ganz schön kämpferisch sein, und einigen kam sie dabei auch schon mal in die Quere.“

Kirsten Graulich

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