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Aus dem GERICHTSSAAL: Anklage: Farbigen beschimpft und geschlagen

Landgericht verhandelt gegen acht Teltower wegen Volksverhetzung, Körperverletzung, Beleidigung

Teltow – Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen gestern im Landgericht. Doch offensichtlich befürchtete Störungen Rechtsradikaler blieben aus. Auf der Anklagebank: zehn junge Männer im Alter zwischen 20 und 29 Jahren. Acht von ihnen wohnen in Teltow, einer in Kleinmachnow, einer in Potsdam. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie sowie drei weitere Mittäter, in der Nacht des 26. April 2003 in Teltow im Bus der Linie 117 den farbigen Fahrgast Gideon O. kurz vor Erreichen der Haltestelle Ruhlsdorfer Platz mit „Neger-raus“-Gegröle beleidigt zu haben. Unmittelbar danach sollen drei der Angetrunkenen aus fremdenfeindlichen Motiven auf den Ausländer eingeschlagen haben. Gideon O. erlitt laut ärztlichem Gutachten Schädel-, Gesichts- und Thoraxprellungen. Er klagte danach über Kopfschmerzen, musste wegen eines depressiven Syndroms vom 2. bis 6. Mai 2003 ambulant behandelt werden. Im Prozess vor der 2. Großen Strafkammer tritt er als Nebenkläger auf.

Damals, so die Angeklagten, deren gemeinsames Hobby der Fußball ist, seien sie fest in der rechten Szene verankert gewesen. Heute sähe das anders aus, gingen sie zum überwiegenden Teil einer Lehrausbildung oder einer Berufstätigkeit nach. Am Tattag hätten sie bei einem Kumpel Party gemacht und so richtig einen über den Durst getrunken. Danach sei man auf die Idee gekommen, in das Lokal „Dany’s World“ zu fahren, um weiter zu feiern. Kurz hinter der Elbestraße hätten sie gegen 23.30 Uhr den Bus angehalten, weil sie keine Lust zum Laufen hatten.

„Ich war zwar auch auf der Fete, aber nicht im Bus“, beteuerte Koch-Azubi Marcel B. (21). Er sei mit einem Fahrrad zu „Dany’s World“ gefahren. Dem hielt die Kammervorsitzende entgegen, mehrere Zeugen hätten laut Aktenlage bekundet, ihn im Bus gesehen zu haben.

Daniel A. (22) gab hingegen freimütig zu, beim Aussteigen den Spruch „Neger raus“ abgelassen zu haben. „Das war dumm von mir“, so der Systemelektroniker. Die Kammer stellte das Verfahren gegen ihn gegen Zahlung einer Geldbuße von 300 Euro vorläufig ein.

„Als mein achtjähriger Sohn in der Schule die Lieder sang, die ich zu Hause hörte, habe ich die CDs verkauft und der rechten Gruppierung, der ich damals angehörte, den Rücken gekehrt“, berichtete der Bauhelfer Ralf D. (26). Auch er gestand, in jener Nacht ausländerfeindliche Parolen skandiert zu haben. „Ich war halb im Koma, hatte ungefähr eineinhalb Flaschen Goldkrone getrunken.“

„Ich war voll“, gab Fluggerätebauer Thomas H. (27) zum Besten. Dann fiel ihm allerdings ein: Adrian J. (23) – er sitzt derzeit wegen einer anderen Straftat im Brandenburger Gefängnis – habe dem Farbigen einige Schläge verpasst. Auch der Party-Gastgeber und ein weiterer Kumpel hätten zugelangt. Ein Freund von ihm sei dazwischen gegangen. „Wir waren damals alle so. Heute ist das nur noch peinlich“ resümierte der u. a. wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, mehrfacher Körperverletzung, Hehlerei und Nötigung Vorbestrafte.

Der Prozess wird fortgesetzt. Hoga

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