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Potsdam-Mittelmark: „ Toter trägt Lebendigen“

Die Lausitzer feiern das Winterende mit dem Zapust

Die Lausitzer feiern das Winterende mit dem Zapust Von Dana Trenkner Kleingeld sollten Bewohner und Besucher der Lausitz in diesen Wochen besser ausreichend in den Taschen haben: Ab Mitte Januar finden in vielen Dörfern des Spreewaldes und der Lausitz ausgelassene Straßenumzüge statt. Zur Zeit des Zapust, der wendischen Fastnacht, wie die Einheimischen diese bunte Zeit nennen, sind Jung und Alt jedes Jahr aufs Neue auf den Straßen der Region unterwegs, um gemeinsam das Ende des Winters zu feiern. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Winter mit Schnee und frostigen Temperaturen in den meisten Brandenburger Städten und Gemeinden gerade erst zögerlich Einzug hält. Auch der eigentliche Grund für die Umzüge, ein Fest zum Ende der langen Zeit zwischen Ernte und Aussaat zu feiern, spielt oft nur noch am Rande eine Rolle. Baten die kostümierten Umzügler früher vor allem um Speck und Schinken an den Häusern der Bauern und Gutsbesitzer, hätte das heutzutage angesichts der rar gewordenen Bauernhöfe nicht mehr viel Erfolg. Vielmehr ist die bunte Schar am Kleingeld der Leute interessiert. Als Dank für eine Gabe werden Frauen zu einem kleinen Tänzchen aufgefordert. Männern wird dagegen meist Hochprozentiges angeboten. Traditionelle Auftritte Der Zapust ist eines der ausgelassensten Feste in der Lausitz. Jedes Jahr von Mitte Januar bis Anfang März feiern Tausende Bewohner in den Dörfern zwischen Cottbus und der Spreewaldgemeinde Burg. Für die traditionellen Auftritte der historisch gekleideten Paare und die der unkonventionelleren Zapust-Teilnehmer gibt es keine festen Termine. Jedes Dorf entscheidet selbst über den die Tage für den Zapust-Umzug. Traditionsbewusste Männer kommen in schwarzen Anzügen zu den Feierlichkeiten, am Arm Frauen in bunten Trachtenkleidern, deren Farben und Ausführung sich bis heute von Dorf zu Dorf streng unterscheiden. Zum perfekten Zapust-Outfit gehören auch Schärpen, Halstücher und kunstvoll verzierte Hauben. Vielerorts werden die Trachten noch heute von Hand gefertigt, was als große Kunst gilt, die oft über mehrere Generationen vererbt wird. Bunte Stickereien überwiegen und sollen dem gerade im Spreewald oft grauen und nebligen Winter zeigen, dass seine Zeit vorbei ist. Früher dauerte diese Demonstration der Vorfreude auf den Frühling gleich eine ganze Woche. In der heutigen Form hat sich der Zapust erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts herausgebildet. Er dauert drei Tage. Schon ein Blick auf die traditionellen Festumzüge genügt, um den Stellenwert der Fastnacht im Traditionsbewusstsein der bereits seit dem siebten Jahrhundert in der Lausitz lebenden slawischen Minderheit zu erklären. Es ist der wichtigste Brauch und damit mehr beachtet als das Osterreiten oder das Bemalen von Ostereiern im Frühjahr. Der historisch ältere Bestandteil des Zapust ist das Zampern. Seine Wurzeln liegen in vorchristlichen Glaubensformen, Fruchtbarkeits- oder Abwehrzauber. Magisch-kultische Elemente wie Maskierung, Verkleidung, Lärmen, Singen, Rutenschlagen und Tanz weisen darauf hin, dass Dämonen und Gefahren abgewendet werden sollen. Die Zamperer waren mit Weiden- und Birkenruten ausgerüstet und berührten Erwachsene und Kinder mit dieser „Lebensrute“, welche die im Frühjahr neu steigenden Lebenskräfte symbolisierte. Zu den ältesten Vermummungen gehören die doppelte Person, „der Tote trägt den Lebendigen“, der Schimmelreiter und der Storch als Symbol des beginnenden Frühlings oder der Bär als Symbol des abziehenden Winters. Besonders die Älteren unter den Lausitzern berichten aber auch von wunderlichen Fabelwesen, die um diese Jahrzeit durch die Brandenburger Wälder streifen sollen. Am Abend finden sich oft alle zum Fastnachtstanz in den Dorfgaststätten ein. Auch dieses ausgelassene Treiben hat einen Grund: Alten Überlieferungen zufolge sollen die Menschen zur Fastnacht fleißig tanzen, was den Flachs im kommenden Jahr besonders gut wachsen lässt. Je höher die Tänzer dabei springen, desto stattlicher werden die Pflanzen gedeihen.

Dana Trenkner

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