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Kultur: Zwei Gedichte nimmt er mit

Beeskows 11. Burgschreiber war Richard Pietraß / Der Schriftsteller plant weitere Aufenthalte in der märkischen Stadt

Beeskows 11. Burgschreiber war Richard Pietraß / Der Schriftsteller plant weitere Aufenthalte in der märkischen Stadt Der Blick aus dem kleinen Fenster im Kavaliershaus fällt auf den gepflasterten Hof. Efeu rankt die Mauer der Burg Beeskow (Oder-Spree) hinauf. Eine alte Eiche steht im Hof - und inzwischen auch in einem Gedicht. Beeskows 11. Burgschreiber, Richard Pietraß, hat den Baum in seinen Versen verarbeitet. „Es gibt Details, die der Ort einem schenkt“, erklärt der Dichter. Seit Sommer 2003 hat der 57-Jährige das Amt des Burgschreibers zu Beeskow inne. Noch einem Verlängerungsmonat wird Pietraß im Januar die märkische Kleinstadt verlassen. Seit 1993 wird das Amt ausgeschrieben. Der Burgschreiber darf sechs Monate kostenlos auf der 1272 erstmalsurkundlich erwähnten Burg wohnen und an seinem Werk arbeiten. In dieser Zeit erhält er ein vom Land Brandenburg gestiftetes monatliches Stipendium von 750 Euro. „In diesem Jahr hat der Kreis das Stipendium allein finanziert“, sagt Burgdirektor Tilmann Schladebach. „Wir haben dies gern gemacht, nur auf Dauer geht es nicht.“ Für 2004 sei die Finanzierung offen. „Eine Zusage liegt noch nicht vor.“ Für 2003 hatten sich 23 Schriftsteller um das Amt beworben. Den Burgschreiber wählt eine Jury aus. Wen er aus dem Rennen geschlagen hat, weiß Pietraß nicht. „Ich bin stolz darauf, nicht danach gefragt zu haben“, sagt er bescheiden. Beworben habe er sich auch wegen der Sehnsucht, die Welt von einem anderen Blickwinkel her zu sehen. Berlin, wo der gebürtige Sachse seit vielen Jahren lebt, sei ihm zu unübersichtlich geworden.Seit Anfang der 70er Jahre schreibt Pietraß Gedichte. Sein erster Band erschien 1974. Als Lektor im Verlag Neues Leben gab er von 1977 bis 1979 die Reihe „Poesiealbum“ heraus und arbeitet seitdem als freier Autor und Übersetzer. Auf der Burg Beeskow blieb dem Lyriker neben dem Schreiben auch Zeit für anderes: Schwimmen, wandern, spazieren. Pietraß besuchte Konzerte und Ausstellungen und schloss Bekanntschaften. „Hier bin ich zur Ruhe gekommen.“ Der Schriftsteller las vor Schulklassen und schrieb „Beeskower Miniaturen“ für die Lokalzeitung, in denen er den Beeskowern von der Burg herab auch den „Eulenspiegel“ ins Land rückte, wie er es nennt. „Es ist wichtig, sich von Zeit zu Zeit zu Wort zu melden.“ Er werde Beeskow missen, bekennt er am Ende seiner „Amtszeit“. „Der Dichter ist eher ein Jäger“, beschreibt Pietraß seinen Beruf. Er sei latent auf der Jagd. Sobald sich etwas rege, bleibe er dran, versuche, Gedichte zu erlegen, sie zu schreiben. Die meisten seiner Gedichte seien erlebt, nur die wenigsten trügen visionäre Züge. Aus der Mark nehme er zwei „wunderbare Liebesgedichte“ mit. „Ich bin dankbar, dass Beeskow mir das geschenkt hat.“ Im Jahr bringt Pietraß zwischen fünf bis zehn Gedichte zu Papier. Mehrere Gedichtbände liegen von ihm vor. In „angemessener Zeit“ werde ein nächster Band erscheinen. Ende Januar wird der studierte Psychologe Beeskow verlassen. Er habe einen Verlängerungsmonat ausgehandelt, freut er sich. Im Jahr 2004 möchte Richard Pietraß den Halb-Jahres-Zyklus, den er in Beeskow seit Sommer 2003 erlebt hat, komplettieren. Bis Juni 2004 plant der Lyriker monatlich einen dreitägigen Aufenthalt in der Stadt. „Ich möchte einen Beeskower Jahreslauf erleben.“ Steffi Prutean

Steffi Prutean

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