zum Hauptinhalt

Kultur: Wie in Italien

Früher war er Seemann, heute malt Steffen Wriecz Stadtbilder. Eine Ausstellung in Schloss Cecilienhof

Eigentlich war es alles andere als absehbar, dass Steffen Wriecz eines Tages Künstler wird und seine farbwuchtigen Bilder in Deutschland, Frankreich und Spanien ausstellt, in Gentilly bei Paris, Granada, in Dresden, Berlin, und nun auch im Schloss Cecilienhof.

Steffen Wriecz, geboren 1953 im sächsischen Wilsdruff, wuchs in Dresden auf, lernte Elektromechaniker und ging sieben Jahre für die Handelsmarine zur See. 1982 dann nahm sein Leben eine Wende. Er ging in Hamburg von Bord und richtete sich im Westen ein neues Leben ein.

Was wohl aus ihm, dem ambitionierten Freizeitmaler, geworden wäre, wenn er nicht eine Zeit lang in Berlin gelebt und im Brückemuseum ein und aus gegangen wäre? Wenn er sich nicht die Kirchners und Heckels, die Pechsteins, Schmidt-Rotluffs und Noldes angesehen hätte? So jedenfalls wurde aus ihm nicht nur ein großer Liebhaber des Expressionismus, der sich der ausdrucksstarken, farbintensiven Kunst sehr verbunden fühlt. Man kann sogar sagen, dass Steffen Wriecz in die Fußstapfen seiner ausdruckswuchtigen, geistigen Vorfahren getreten ist. 1990 wagte der Freizeit-Maler den entscheidenden Schritt, gab die Gelegenheitsjobs auf und wurde, mit einer Förderung als finanzieller Sicherheit im Hintergrund, ganz Künstler. In seinen Bildern widmet er sich den klassischen Sujets, bringt Stadtlandschaften auf die Leinwand, Porträts und Stillleben. Rund 20 seiner Werke verteilen sich nun über Foyer und Flure von Schloss Cecilienhof. Großformatige Arbeiten, die Potsdam zeigen, die südfranzösische Stadt Apt und Rom. Leider haben die Bilder wenig Raum, sich zu entfalten.

Ein für Wriecz ziemlich untypisches Motiv begrüßt den Besucher am Eingang: Friedrich der Große, mit blauer Uniform steht dort vor hellblau, gelbem Hintergrund. Der Künstler zeigt den König auf einen Stock gestützt, seine linke Hand hält er auf dem Rücken, eben wie ein König oder Lehrer. Dabei blickt Friedrich aus alten, zur Ruhe gekommenen Augen über die Schulter nach hinten – so als hätte ihn jemand gerufen. Eine ungewöhnlich unheroische Geste, ein Hingucker, der den König sympathisch macht.

Typischer für Wriecz sind seine strahlenden Stadtbilder: der in hellen Farben, fast künstlich leuchtende Marktplatz von Apt zum Beispiel, auf dem das Leben pulsiert. Hellblauer Himmel, ein Kirchturm, Häuser, ein Obelisk auf dem Platz, Menschen, die Obst und Gemüse kaufen. Detailreich, fast kleinteilig, bringt der Maler das Geschehen auf die Leinwand – zuweilen wirken seine Abbildungen fast wie naive Malerei – und verliert doch selten den ausschweifenden Gestus des Expressionistischen.

Noch kleinteiliger die Stadtansicht von Rom: Wriecz bildet ein Häusermosaik ab, alte Häuser, neue Häuser, Türme, die sich in unregelmäßigen, rechteckigen Formen nach oben recken. Palmen, Bäume, Blumentöpfe verzieren flache Dächer. Ein buntes, freundliches Bild, das durch seine skurril leuchtende Farbgebung die Grenze zur Künstlichkeit überschreitet – ohne dabei aber künstlich zu wirken. Wriecz konstruiert vielmehr ein Farbspiel, das scheint, als hätte er in einem ganz besonderen Augenblick, als die Sonne in einem ganz speziellen Winkel auf die Erde schien und die Welt zum Leuchten brachte, den Pinsel gezückt.

Auch „Krongut Bornstedt“, eine seiner Potsdamer Arbeiten, hat er in ein außergewöhnliches Licht getaucht, das an Spätnachmittag in Italien erinnert. Ein wunderschönes Bild mit großzügigem Pinselstrich. Hier fehlt das penible Kleinklein, was dem Werk außerordentlich gut tut. Es scheint mehr aus dem Bauch heraus geschaffen, das kann Wriecz, das wirkt. Ein farblicher Kontrast dazu die „Glienicker Brücke“, ein schwarzes Brückengerüst vor graubraunem Himmel, braune Säulen, im blaugrauem Wasser. Wuchtig dunkel, trotzdem leichthändig gemalt. Seinen vereinzelten Menschen in der modernen Welt, den der Künstler von Max Beckstein „abgeguckt“ hat, findet man in der Schau nicht. Aber dafür ein, an seine Seemannszeit erinnerndes Schiffsbild mit unendlich vielen Tauen, die sich wie ein Netz über das Werk spannen.

Steffen Wriecz hält die „alte“ Kunstrichtung auch im 21. Jahrhundert am Leben – auf seine Art. Das mag man konservativ oder nachgemacht finden – oder einfach schön. Nicht jeder Künstler ist Revolutionär. Erfolg hat Wriecz jedenfalls mit seinen Bildern. Sie verkaufen sich nicht schlecht. Er wohnt mittlerweile mit Frau und Tochter im Süden von Deutschland und kann von seiner Kunst leben.

bis 20. Februar

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false