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Kultur: Schönheit des Alters

Johannes Heesters gab am Silvesterabend ein Benefizkonzert im Theater und begeisterte die Besucher

Johannes Heesters gab am Silvesterabend ein Benefizkonzert im Theater und begeisterte die Besucher Wer am Silvesterabend nicht im Hans Otto Theater war, hat definitiv etwas verpasst. Jahrhundertstar Johannes Heesters stand in seinem einhundertzweiten Lebensjahr auf der Bühne, sprach, sang und scherzte so mitreißend, dass ihn das bewegte Publikum mit stehenden Ovationen feierte. Mit dem Benefizkonzert zugunsten des Musiktheaters landete Intendant Uwe Eric Laufenberg einen Volltreffer. Denn Johannes Heesters, der ohne Gage auftrat, verkörpert wie kaum ein Zweiter ein ganzes Jahrhundert leichter Operettenkunst, die in dieser Form gar nicht mehr existiert. Wohl nur die älteren Zuschauer kennen noch all“ die Lieder von Liebe, Lust und Leidenschaft, die beide Geschlechter so unwiderstehlich ergreifen. Wenn die „Dunkelroten Rosen“ den Gefühlsüberschwang des Verliebten ausdrücken und wenn nur eine „einzige Nacht mit Pierrot“ zum Glück verhilft, sind wir im sentimentalen „Zauberreich der Operette“ gelandet. Der Tenor Jan Buchwald von der Hamburgischen Staatsoper und Gabriele Näther vom Hans OttoTheater erfreuten das Publikum mit gesangsseligen Operettenarien. Selbst Intendant Uwe Eric Laufenberg zollte dieser Kunst eines vergangenen Zeitalters seinen Tribut und sang fesch und frech „Gern hab ich die Frauen geküsst“ aus „Paganini“ von Franz Lehár, ein Werk, das man gern einmal auf der Potsdamer Bühne sehen würde. Der langjährige Pianist des Hans Otto Theaters, Christian Deichstätter, sowie Philipp Mauritz und Christian Klischat setzten sich ebenfalls für den Erhalt des Musiktheaters ein. Das Ballettstudio Erxleben feuerte die Stimmung mit Stepptanz und zünftigen Cancan an. Doch der Höhepunkt war der Auftritt von Johannes Heesters. „Schönheit des Alters“ heißt der Titel eines Fotobandes von Simone Rethel über ihren Ehemann, und was man auf der Potsdamer Bühne sah und hörte, verdiente diese Bezeichnung einschränkungslos. Im schwarzen Frack mit strubbeligen weißen Haaren, an den Flügel gelehnt, trug „Jopie", wie ihn seine Fans zärtlich nennen, in zwei Blöcken jeweils fünf Lieder und Arien vor. Nicht nur sein Textgedächtnis, vor allem die gesangliche Gestaltung voll warmem Stimmglanz, tonsicher und genau phrasiert, riefen Bewunderung hervor. Gemeinsam mit dem hemmungslos drauflos schwäbelnden Pianisten aus dem Allgäu, Uli Kofler, moderierte Heesters charmant durch den Abend. Dabei strahlte der gebürtige Holländer eine wahrhaft begeisternde menschliche Wärme und Lebenskraft aus. Auch erzählte er, dass ihn mit Potsdam besondere Erinnerungen verbinden. Er drehte in Babelsberg nicht nur zahlreiche Ufa-Filme, sondern in Potsdam kam auch seine ältere Tochter Wiesje auf die Welt. Die Lieder, die Johannes Heesters jetzt vorträgt, sind ihm auf den Leib geschrieben und schmelzen Bühnenfigur und Individuum nahtlos zusammen. „Erinnerung heißt die Kraft meines Lebens“ oder „Ich bin Gott sei Dank nicht mehr jung“ aus der Operette „Gigi“ verkörpert Heesters wie kein Zweiter mit der gesammelten Kraft und Erfahrung seines methusalemschen Alters. Als Ehefrau Simone Rethel erscheint und Heesters ihr – nicht ohne sich vorher bei den Damen im Publikum für diese Ignoranz zu entschuldigen – händchenhaltend „Durch dich wird diese Welt erst schön“ vorsingt, gibt es kein Halten mehr. Selten ist Theater so schön wie in diesen Momenten von Zuneigung und Hingabe. Mit dem guten Rat, dass „die Nacht nicht allein zum Schlafen da ist“, endete ein erinnerungswürdiger Silvesterabend im alten Hans Otto Theater, der auf die Zukunft hoffen lässt – in jeder Beziehung. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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