zum Hauptinhalt

Kultur: Schauspieler, Intendant Regisseur und Autor

Ralf-Günter Krolkiewicz verließ gestern das HOT

Ralf-Günter Krolkiewicz verließ gestern das HOT Von Klaus Büstrin „Wie ein Theaterstück entsteht“ –Karel Capeks köstlicher Einblick in die Theaterwelt stand am Anfang von Ralf-Günter Krolkiewicz Regie-Arbeiten. Dieses Anfang der achtziger Jahre im Alten Rathaus inszenierte Stück machte beim Zuschauen Spaß, weil Krolkiewicz mit vielen komischen Einfällen aufwarten konnte. Als Schauspieler hatte er schließlich beste Einblicke in die so ganz eigene Welt des Theaters und seiner Mitarbeiter, oftmals recht skurrile. Am Ende seines Engagements am Hans Otto Theater führte er ebenfalls Regie, nämlich zu Goldonis „Der Diener zweier Herren“ auf dem Pfingstberg. Die Aufführung präsentierte sich mediterran, heiter und gelassen, ohne große Höhepunkte. Gestern war des Intendanten letzter Arbeitstag in den Büroräumen in der Schiffbauergasse. Heute übernimmt Uwe-Eric Lauffenberg das Zepter für das Hans Otto Theater, obwohl man den Eindruck hatte, Lauffenberg führe schon seit längerem „Regie“ im gesamten Haus. Seit 1979 war der Thüringer Ralf-Günter Krolkiewicz nach einer Schauspielausbildung an das Hans Otto Theater verpflichtet worden. Es war sein erstes Engagement. Und damals kam er an ein Theater, das sich weit über Potsdam hinaus durch seine aufregende Stückauswahl und begeisternden Inszenierungen einen Namen machte. Die Regisseure Rolf Winkelgrund und Günter Rüger prägten das Theater in der Zimmerstraße mehrere Jahre beziehungsweise Jahrzehnte. Krolkiewicz spielte in großen und kleinen Rollen, immer solide, hin und wieder im Schatten seiner Kollegen stehend. 1985 verließ er die DDR, vielleicht auch auf Druck der Stasi. Vorausgegangen war eine mehrmonatige Haftzeit im Stasi-Gefängnis. Satirisch-kritische Texte über die DDR-Verhältnisse haben die DDR-Oberen auf den Plan gerufen. Sie wollten den Schauspieler disziplinieren. Das Buch „Hafthaus“, das Ralf-Günter Krolkiewicz schrieb, gibt einen erschütternden Einblick in die menschenunwürdige Zeit im Gefängnis. Im vergangenen Jahr ist „Hafthaus“ im Märkischen Verlag Wilhelmshorst erschienen. In Westdeutschland fand er mehrere Engagements an Theatern, unter anderen in Köln, München, Esslingen und Augsburg. Solch einen schnellen Wechsel von Engagements war sicherlich für ihn ungewohnt, aber wie er einmal sagte, sehr fruchtbar. Das Theaterspielen und die Regie waren waren dort sein Tätigkeitsfeld. Er traf Thorsten Bauer und Christian Kuchenbuch, langjährige Kollegen aus Potsdam. Auch den Schweizer Theatermann Stephan Märki. Als Mitte der neunziger Jahre der Potsdamer Intendant Guido Huonder die Stadt verließ und ein völlig vereinsamtes Theater durch seine den Potsdamer Zuschauerinteressen entgegen gesetzte Spielplanpolitik hinterließ, da kamen die Ehemaligen zurück an die Havel: Krolkiewicz, Kuchenbuch, Bauer. Stephan Märki auch. Er wurde Intendant. Leider ließ man ihn aber nicht genügend Zeit, das HOT wieder zu einem besuchenswerten Theater zu machen. Man hatte den Eindruck, eine Palastrevolution hat im Theater stattgefunden. Märki sollte nämlich gehen. Und er ging. Krolkiewicz nahm den Intendantensessel ein. Stephan Märki wurde bald danach Intendant des Nationaltheaters Weimar. Dort agiert er heute noch sehr erfolgreich. Krolkiewiczs Amtszeit in Potsdam ist nun aus Krankheitsgründen beendet. Seit 1997 war er Intendant des Theaters. Auch in diesen Jahren gab es ein ständiges Auf und Ab, künstlerisch und kulturpolitisch. Dutzende Male mussten er und sein Geschäftsführer, Volkmar Raback, um die finanzielle Substanz des Theaters kämpfen, mussten sie der Politik abringen, dass sie sich mit einem klaren Ja für das Stadttheater einsetzen – eine Zeit, die viel Kraft kostete. Ralf-Günter Krolkiewicz stand hin und wieder auf der Bühne, führte aber mehr Regie, besonders gern bei Opern im Schlosstheater im Neuen Palais. Werke von Mozart, Händel, Dittersdorf standen auf dem Spielplan. Das Schöne an diesen Aufführungen war, dass der Regisseur nicht gegen die Musik inszenierte, sondern ihr immer den entsprechenden Raum ließ. Einen besonders triumphalen Erfolg konnte er mit „Juditha triumphans“ von Antonio Vivaldi in der Friedenskirche Sanssouci erlangen: musikalisch und szenisch eine ausgewogene Inszenierung. Krolkiewicz hat die Oper für Potsdam wieder zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Theaterlebens gemacht. Auch das Kinder- und Jugendtheater ist unter seiner Leitung zu einem wichtigen Faktor geworden, besonders in puncto Platzauslastung. Da mussten Schauspielaufführungen oftmals vergeblich auf genügend Zuschauer warten. Man kann dies natürlich auf die unfreundliche „Blechbüchse“ schieben. Doch wenn besondere Titel angekündigt wurden, strömten die Zuschauer ins Haus auf dem Alten Markt. Besonders die letzte Spielzeit der Amtszeit von Krolkiewicz war erfolgreich. In seine Inszenierung von Shakespeares „König Lear“ mit Alexander Lang in der Titelrolle kamen die Zuschauer aus allen Himmelsrichtungen. Im Mai erhielt Ralf-Günter Krolkiewicz den Autorenpreis des „Heidelberger Stückemarkts“ für sein Theaterstück „Sonst is immer wie alles“. Daraus wird er heute um 20 Uhr im Literaturladen Wist in der Brandenburger Straße lesen. Vielleicht sieht man eines Tages dieses Stück und andere, die er vielleicht verfassen wird, auf der Bühne des Hans Otto Theaters. Es war viele Jahre Heimat von Ralf-Günter Krolkiewicz. Das neue Haus am Ufer der Havel wird er nun nicht leiten. Er hat sich aber stets für einen Neubau vehement eingesetzt, das würdig ist, Theater genannt zu werden. Vielleicht kehrt er als Gast zurück.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false