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Kultur: Moderator mit Weitblick

Uwe Madel stellte Kriminalfälle vor

Das längst geflügelte Wort „ und achten Sie auf Ihr Handgepäck" ist nicht nur der Schluss-Standard eines jeden Kriminalmagazins vom RBB. Es ist auch der Titel des dazugehörenden, 2002 erschienenen Buches, worin sich die kuriosesten Fälle aus „Täter – Opfer – Polizei" daheim gemütlich nachlesen lassen.

Es geht natürlich auch anders. Wer am Samstagabend, nur wenige Stunden vor Einbruch der arktischen Kältewelle, ins Babelsberger Rathaus kam, konnte in Uwe Madel einen der Autoren persönlich erleben. Er gilt bekanntlich als Fernseh-Experte in Sachen „Aufklärung und Verhütung von Straftaten“, wie das im spröden Amtsdeutsch heißt, arbeitet dafür eng mit der Polizei zusammen, wie diese mit ihm, wenn sie alleine nicht weiterkommt. 350 000 kriminelle Aktionen gibt es jährlich „in unserer Region“, viele konnten mit Hilfe der Sendung (Madels „Lieblingskind“) gelöst werden. Mord und Totschlag – meist „aus Beziehungsgründen" – nähmen allerdings nur 0,02 Prozent in dieser Statistik ein.

2005 wurde im Flächenland sieben Mal getötet. Kein Grund also, von „unsicheren Straßen“ zu reden, „der Lauernde, Murksende“ an einer dunklen Ecke sei die absolute Ausnahme. Für den Ernstfall hielt der beliebte Moderator, eine Mischung aus Lausbub und gentlemanlike, den ständigen Ratschlag bereit, sich aus einer solchen Situation fliehend „zu lösen“, laut Polizei zu schreien („sollte man üben“) und Passanten von sich aus energisch um Hilfe zu bitten. Das helfe meistens.

Bei einem solchen Proporz zwischen Mord und Delikt wundert man sich nicht länger, warum Bankeinbrüche, Trickbetrügereien oder ähnlich bescheidene Taten die Sendung regieren. Offenbar will man sich aber auch von anderen Magazinen abgrenzen, wo es viel lausiger zugeht. Falls es doch mal härter kommt, bevorzugt das fremdproduzierte („ausgelagerte“) Format meist den Cartoon, verzichtet laut Redaktionsbeschluss auf „Tränen der Angehörigen“, nicht aber auf die Darstellung von „Leid und Empörung“.

Zusammen mit dem Co-Autor Andreas Püschel fasst auch das schnurrige Buch obigen Titels solche trickreichen Harmlosigkeiten auf unterhaltsame Weise zusammen. Etwa zwanzig Besucher hörten die erstaunliche Mär des höflichsten aller Bankräuber weithin, welcher nach Empfang der Moneten so artig „einen schönen Tag noch“ wünschte, dass die beklauten Kassendamen es mit „ebenfalls“ genauso zivilisiert erwiderten. Oder von einem siebzigfachen Kaffee-Dieb: Seine „Beschaffungs-Kriminalität“ schien sogar der Staatsanwaltschaft keiner Anklage wert. In einem anderen Fall bestand sie jedoch trotz erdrückender Gegenbeweise darauf, den Zwillingsbruder eines im Auto geblitzten Fahrers abzuurteilen. Nachdem die Wohnung des der Berliner Polizei-Präsidenten eines Tages heimgesucht worden war, konnte auch er in Sachen „Bruch“ mitreden – wie halt das Leben so spielt.

Uwe Madel, im Sprachlichen trotz Mikrophon etwas zu leise, hatte ein paar solcher Kuriosa aus dem ORB-Archiv mitgebracht – immerhin gibt es „Täter – Opfer – Polizei“ schon mehr als zehn Jahre. In Frankfurt/Oder aufgewachsen, besuchte Madel eine Sportschule, studierte dann Journalistik in Leipzig. Seit 1992 arbeitet er für das regionale Fernsehen, wo er für seinen „Liebling“ auch als Autor tätig ist – mit Freuden, wie er sagt, denn hier handele es sich noch „um eine Form von Journalismus, die nicht ganz folgenlos bleibt“. Gerold Paul

Gerold Paul

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