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Kultur: „Man will ja oft das, was man nicht hat“

Katharina Thalbach über ihre Rolle als Jenny Treibel

Katharina Thalbach über ihre Rolle als Jenny Treibel Ihre große Fontane-Zeit sei lange her. „In der Pubertät habe ich viel von ihm gelesen – gern und freiwillig, nicht nur als Pflichtlektüre in der Schule“. Ab heute Abend steht Katharina Thalbach nun als Jenny Treibel, geborene Bürstenbinder, auf der Bühne, spielt die durch Heirat in die gehobene Gesellschaft aufgestiegene Frau Kommerzienrat. Eine Rolle, in die sie sich sehr gut hinein versetzen konnte. „Ich habe durchaus Verständnis für diese Frau in der ,End-Crisis“, die sich die Frage stellt: ,Habe ich mein Leben richtig gelebt“ – ohne etwas zu ändern.“ Fontane beschreibt die Treibel als Frau, die „fürs Romantische, Ideale, Poetische, Ästhetische, Ethische und Etepetetische schwärmt und der doch die materielle Sicherheit der einzige Wertmaßstab ist.“ „Natürlich wurde Jenny Treibel vom Geld angezogen, von den großen Diners, dem Landauer, die Villa. Man will ja oft das, was man nicht hat. Und sicher hat sie dieses Bedürfnis auch mit Liebe verwechselt, als sie den Kommerzienrat zum Mann nahm. Ich identifiziere mich nicht mit ihr und möchte auch nicht mit ihr tauschen, aber ich kann es begreifen.“ Für Katharina Thalbach ist dieser von Fontane beschriebene Standesdünkel, mit dem er „das Hohle, Phrasenhafte, Lügnerische, Hochmütige, Hartherzige der Bourgeoise“ attackiert, keine veraltete Geschichte. „Das Bedürfnis aufzusteigen, gibt es auch heute. Die Fragen: ,Wer ist wer?“, ,Wer hat was?“ sind doch bei vielen ausgeprägt, wobei ich nicht von mir und meinen Freunden spreche.“ Bei dieser Wiederbegegnung mit Fontane – die all“ die Sehnsüchte und Katastrophen auf eine dreistündige Theaterfassung verdichtet – habe sie sofort Zugang zur Geschichte gefunden. Das Bild von ihrer Rolle sei aber erst bei der Einstudierung mit Uwe Eric Laufenberg entstanden. Sie habe sich sehr gefreut, als sie von ihm das Angebot bekam, am Hans Otto Theater spielen zu können – für sie das erste Mal. „Es ist nun nicht unbedingt so, dass ich mein Leben lang davon geträumt habe, in Potsdam auftreten zu können, aber ich freute mich sehr, mal wieder mit Laufenberg arbeiten zu dürfen. Er gehört zu meinen Lieblingsregisseuren. Mit ihm habe ich nur schöne Inszenierungen gemacht. Und ich finde es auch toll, dass er hier ein so klasse Ensemble zusammen getrommelt hat.“ Obwohl selbst erfolgreiche Regisseurin, kann sie sich durchaus zurück nehmen und „nur“ auf ihre Rolle als Schauspielerin „reduzieren“. „Zum einen kann ich mich auf Laufenberg blind verlassen, zum anderen wäre ich ja schön doof, mir unnötige Gedanken zu machen, wenn ich mich auf das Spielen beschränken kann.“ Zu den Annehmlichkeiten der Proben gehörten natürlich auch die so einzigartigen Räumlichkeiten in der Villa Lichtenau. „Es ist eben alles echt, da fühlt man sich schon wie in einem ,Time-Tunnel““. Aber es sei auch wahnsinnig anstrengend, da sich die Inszenierung durch drei Räume ziehe. Vielleicht mit ein Grund, dass die Proben des öfteren von Krankheit überschattet waren, und auch an Katharina Thalbach nicht spurlos vorbei gingen. Zeit zum Luftholen und zum Spaziergang durch Stadt und Park, blieb wenig, obwohl sie sich für diese Arbeit in Potsdam im Hotel am Jägertor einquartierte und nicht täglich nach Hause ins benachbarte Berlin fuhr. Nach der Aufführungsserie im Palais Lichtenau, zu der bereits alle Karten restlos ausverkauft sind, wird die Inszenierung in der Reithalle A zu sehen sein. „Auch dort haben wir schon geprobt, und ich glaube, auch diese Vorstellungen werden bestimmt sehr schön. Es bleibt die Figur, die Geschichte – das ändert sich nicht durch den Ort.“ Aber auch da sollte man sich beeilen, um noch Karten zu ergattern. Wenn alles klappt, könnte es zwar im Sommer noch einmal zehn Aufführungen im Palais Lichtenau geben. Doch das ist aufgrund der Dreharbeiten, die Katharina Thalbach vor sich hat, noch ungewiss. Heidi Jäger Premiere heute, 19.30 Uhr, Palais Lichtenau. Ab 28. Januar in der Reithalle A.

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