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Kultur: Liebe im Schuhkarton

Deutsche Uraufführung im Luisenforum: Komödie plus Musik im „Salon Dédé“

Deutsche Uraufführung im Luisenforum: Komödie plus Musik im „Salon Dédé“ Wer nicht wüsste, dass hier Theater gespielt wird, der sähe sich in einem beinahe normalen Schuhgeschäft. Nichts Ungewöhnliches eigentlich auf dem Hof im Luisenforum, dem ersten Hofcarée der Brandenburger Straße, kommt man vom Luisenplatz. In der großen Halle des Kunstvereins scheint jetzt der Kommerz eingezogen zu sein. An der Hinterwand türmen sich die Schuhkartons, Aufschrift „Salon Dédé“, ein braunes Sitzrondell, nichts Ungewöhnliches, und einer dieser Sitzhocker, auf den der Kunde seinen Fuß abstützt, damit die Schuhverkäuferin die Passform überprüfen kann. Immer noch nicht außergewöhnlich. Doch dann hört man Klaviermusik und Gesang: „Attention, le patron, le patron". Eine junge Frau tritt ein, ein Rucksack auf dem Rücken, eine Kundin? Sie stellt sich auch an das Piano und singt einfach mit. Katharina Voß und Alexandra Röhrer sind noch gut bekannt von ihren vielen Rollen am Hans-Otto-Theater. Nun sind sie in der heißen Phase vor der Aufführung von Henri Christinés operettenhaften Komödie „Salon Dédé oder Schuster der Liebe“. Das Ensemble aus vielen Ehemaligen des HOT saß Weihnachten beim Regisseur Horst-J. Lonuis um den Küchentisch herum. Allen war klar, dass die Zeit günstig war, endlich einmal zusammen zu arbeiten. Außer diesem Vorsatz hatte man allerdings weder ein Stück, noch ein Theater, geschweige denn die Mittel, eine Produktion zu finanzieren. "Wir wollen was Lustiges machen", lautete der Wunsch. „Aber", erzählt Lonius, "lustig ist schwer, wir brauchen einen richtig guten Stoff." Anja Laterne, jetzt für die Kostüme und das Bühnenbild zuständig, schlug vor, es mit einer Operette zu versuchen. So kam man auf die "Comédie chansonnière" des hier wenig bekannten Komponisten Christiné, in Frankreich 1921 mit großem Erfolg aufgeführt. André, genannt Dédé, hat sich Hals über Kopf in eine Dame verliebt, die zu einem Tête a tête bereit wäre, vorausgesetzt, es fände in einem verschwiegenen Ladenlokal statt. Dédé fackelt nicht lange, er mietet einen Schuhsalon und stellt sogar Verkäuferinnen an. Bei deren Einstellung achtet er jedoch darauf, dass jegliche Verkaufserfahrung fehlt. Zuviel Umsatz verhindert schließlich seine amourösen Ambitionen. Zwei von ihnen, Loulou und Lucette, gespielt von Alexandra Röhrer und Sophia Löffler, sorgen dennoch für Aufregung mit ihren Talenten: in ihren offenherzigen Chiffon-Kleidern vermögen sie Lippen zu schürzen und mit den Augenlidern "Verführung" zu klappern. Dédé wird ganz sicher in Not geraten. Robert Putzinger, der ebenfalls am HOT engagiert war, spielt und singt den Dédé, der keine Mühe scheut, sich aber mit seinen gerissenen Plänen selbst auf´s Kreuz legt. Christiné hat mit „Salon Dédé“ die klassische Operette „entschlackt" und sie so auch für ein verkleinertes Ensemble, sparsamere Kulissen und kleineres Orchester attraktiv gemacht. Für die Potsdamer Uraufführung werden die französischen Liedtexte dem Publikum auf Tafeln übersetzt. Dédes turbulente Verwicklungen mögen in ihren Slapstick-Elementen an die legendären HOT-Pot-Inszenierungen erinnern, den temporeichen, spritzigen und wagemutigen Sahnehäubchen aus dem Foyer der Blechbüchse, bei denen einige der Schauspieler mitgewirkt haben. Durch die Verbindung mit den Einlagen aus Gesang und Tanz im Stil der 20er Jahre und seine Einbettung in das Alltagsmilieu könnte „Salon Dédé“ die furiose Geschichte einer verrückten, besessenen Liebesaffäre mit überraschendem Ausgang werden. Die Premiere am morgigen Donnerstag ist bereits ausverkauft. Matthias Hassenpflug Vorstellungen 3. - 5. und 9. - 12. Juni. Vorverkauf: Wist - Der Literaturladen, Musikalienhandlung Böhlke, Tel.: 0331 - 88 715 481

Matthias Hassenpflug

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