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Kultur: Lennés vergessener Garten

Große Resonanz auf „arche“-Vortrag über den Wildpark, „dem Kern der Insel Potsdam“

Große Resonanz auf „arche“-Vortrag über den Wildpark, „dem Kern der Insel Potsdam“ An Stühlen mangelt es der „arche“ nicht, selbst wenn es so voll werden sollte wie am Dienstag, als ein naheliegendes Thema Dutzende Hörer anzog – der Wildpark westlich des Neuen Palais – „Lenné“s vergessener Garten“. Keine Nebensache, so Bernd Rosenkranz in seinem wohlgegliederten Dia-Vortrag, es handele sich vielmehr um den „Kern der Insel Potsdam“, und eben dieses Areal bis hinüber nach Petzow habe Johann Moritz von Nassau-Siegen gemeint, als er dem Großen Kurfürsten 1664 postalisch die geflügelten Worte übermittelte: „Das gantze Eyland muss zum Paradiese werden“. Er schlug dafür einen „Potsdamer Ziergarten“ vor. Bevor der bekennende Katholik Joseph Peter Lenné ab 1841 mit seinem Hofgärtner Sello daranging, die luftigen Visionen des alten Brasilianers behufs eines eigenen „Verschönerungsplanes für die Umgebung von Potsdam“ (1833) zu verwirklichen, war das 870 Hektar große Gelände unter Friedrich Wilhelm schon 1660 „mit eigenem Gelde“ für die Stadt Potsdam „eingelöst“ und so zum Kroneigentum und herrschaftlichen Jagdgebiet erklärt worden. Dieses Datum und das Jahr 1842 sind nach den Worten des Vereinsvorsitzenden „Der Wildpark“ auch die entscheidenden Zahlen für die „Potsdamer Kulturlandschaft“ heutigen Verständnisses. Im 17. Jahrhundert war das Terrain für die Jünger des Hubertus gedacht, wofür man 1688 den Wildbestand vom Tiergarten, Tornow und den der Ravensberge übernahm. 1713 kam das „Amtsvorwerk Gallin“ (heute Wildpark-West) dazu, 1746 wurde eine Entenfanganlage gebaut, welche der Krone jährlich 900 Tiere auf den Tisch brachte. Friedericus Rex hielt zwar Wild, veranstaltete aber keine Hatzen, er mochte das nicht. Die entscheidende Umgestaltung begann mit Friedrich Wilhelm IV. Er ließ den Hag gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit einem 12 Kilometer langen und mehr als zwei Meter hohen Zaun umfrieden, was den Potsdamern per Zeitung mitgeteilt wurde: Betreten verboten, Umgehungen benutzen! Sein Landschaftsarchitekt Lenné setzte die Pläne von 1833 zügig um. Er legte Alleen und malerische Haine an, erhöhte den Laubbaum-Bestand auf fast 50 Prozent, gestaltete den achtstrahligen „Stern“ der einstigen „Berßheide“ so, dass jeden Weg eine Baumart zierte (viel ist davon nicht übrig, die Potsdamer holzten nach 1945 ordentlich ab). Bauten wie das Bayerische Haus (Geburtstagsgeschenk für Königin Elisabeth, mit dem ersten WC von Potsdam) und die drei Parktore kamen hinzu, hier schufen Persius und Hesse eine italisch-sylvestrische Architektur voller Zwecke. Rosenkranz stellte den Wildpark sehr anschaulich als Jagdgebiet, als Schatztruhe für Künstler, unter militärischem Aspekt und später als Naherholungsgebiet wie ein Gesamtkunstwerk dar, um dessen Pflege und Erhalt sich der 2004 gegründete Verein (200 Mitglieder) genauso bemüht wie die „arche“. Das tut not: Zerschnitt die neue „Bonzenschaukel“ nach Berlin den Park schon 1957 schmerzlich, so droht mit der neuen Ortsumfahrt Potsdam jetzt eine weitere, wohl entscheidende Parzellierung: Als „Einzeldenkmal der Stadt Potsdam“ ist der Wildpark zwar unter UNESCO-Schutz gestellt, aber das hinderte die Behörden nicht, die neue B1 nach dem internationalen Rechtsakt zu planen und dem Bundesverkehrswegeplan 2003 einzuverleiben; viel Zündstoff für die Diskussion. Muss man alles erhalten, was ein Lenné geschaffen hat oder fordert jede Zeit ihre Opfer? Fraglich, ob sich der Zustand von 1843 überhaupt wiederherstellen lässt. Der Referent möchte den „kleinen Schatz da draußen“ unbedingt erhalten wissen. Sein Verein hat dort im Walde bereits Führungen, auch Konzerte, veranstaltet. Vieles ist auch schon renoviert, manches könne „man“ sich noch vorstellen, damit aus Lennés vergessenem Garten wohlmöglich doch noch das erwähnte Eyland herausscheine. Gerold Paul

Gerold Pau

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