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Kultur: Im „Literaturhafen“ vor Anker gehen

4000 Autoren sind ab 21. Juli im Netz abrufbar Literaturbüro im Herbst: Fokus Niederlande

Noch ist er eine Baustelle: der Literaturhafen Berlin-Brandenburg. Ab 21. Juli kann man von dort aber ablegen, um sich auf die Reise zu über 4000 Autoren der Region zu machen. Die Erkundung geschieht per Mausklick. Unter der Internetadresse Literaturport.de findet man sicher den Weg zum Autorenlexikon, das vom Brandenburgischen Literaturbüro Potsdam und dem Literaturcolloquium Berlin gemeinsam erarbeitet wird. „Zwei Jahre Arbeit stecken in diesem ehrgeizigen Projekt, das auch über Jubiläen sowie aktuelle Veranstaltungen und Ausschreibungen informiert“, so Peter Walther vom Literaturbüro. Jeweils 5000 Euro vom Land Berlin und Brandenburg seien in Technik und Design geflossen. Auch die Stiftung Preußische Seehandlung sowie die Stiftung Brandenburger Tor beteiligten sich mit je 6000 Euro an dem sprechenden „Literaturhafen“, der unter der Rubrik „Autorentöne“ zahlreiche Schriftsteller auch selbst zu Worte kommen lässt.

Das Brandenburgische Literaturbüro mit derzeitigem Sitz in der Potsdamer Schlossstraße widmet sich bei diesem Internetauftritt arbeitsteilig vor allem den Autoren der Vergangenheit. Mit seinem Veranstaltungs-Programm greift es indes ganz lebendig die aktuelle Literatenszene auf. Im Herbst sind es vor allem die niederländischen Autoren, auf die es sein Fokus richtet und die es mit neuen Büchern nach Brandenburg holt. „Es gibt zur Zeit sehr viele Neuübersetzungen. Also ein günstiger Zeitpunkt, sich um diese gern gelesenen Schriftsteller zu kümmern“, so Katarzyna Kaminska vom Literaturbüro. Die große Leseakzeptanz sei sowohl in der Schreibweise als auch in den Themen begründet. „Die Niederländer haben eine offene Form zu erzählen, weit weg vom Moralisieren und eingrenzendem Hinterfragen: Worüber darf ich sprechen?“.

Eröffnet wird die Reihe Anfang September in Luckenwalde mit Margriet de Moors Bestseller „Sturmflut“. In ihrem neuen Roman erzählt die Autorin von einer ungeheuren Naturkatastrophe und von den gegensätzlichen Schicksalen zweier Schwestern, die einander bis zum letzten Atemzug verbunden sind. Lidy gerät in jene Sturmflut, die einen Teil der Niederlande für immer von der Landkarte tilgen wird.

Nach Wilhelmshorst reist am 11. Oktober Anna Enqvist, die sich dem berühmten Entdecker Captain James Cook nähert. Sie erzählt vom Leben seiner Frau Elizabeth, die zu Hause in England immer wieder auf ihn wartete. Es geht um Elizabeth als Gattin und Mutter, als Geliebte und als Verlassene. Zugleich schildert die Autorin die vorviktorianische Zeit, Cooks Abenteuer und Ideen. „Ein herzzerreißender Roman, geschrieben mit großem Mitgefühl und psychologischem Scharfsinn“, schrieb ein Kritiker.

Aus seiner „Gnadenfrist“ trägt Arnon Grünberg am 16. November im Literaturladen Wist in Potsdam vor. „Darin geht es um einen niederländischen Botschaftsangehörigen, der in Lima in den diplomatischen Dienst geht. Dort lernt der Karrierist und Langweiler eine Einheimische kennen, die ihn für terroristische Zwecke benutzt. Am Ende wird er selbst zum Rebellen“, erzählt Katarzyna Kaminska.

Das Literaturbüro möchte in Potsdam aber auch mit Lesungen über diese Reihe hinaus auftrumpfen. Der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wird mit seinem Buch „Die Ausbeutung der Enkel. Plädoyer für die Rückkehr zur Vernunft“ am 20. September im Alten Rathaus erwartet. Er hat darin die Probleme der nachfolgenden Generationen aufgegriffen. Biedenkopf schreibt u.a., dass Familien besser unterstützt werden sollten, die Bildung der Kinder verbessert werden müsste und dass die „Entgrenzung“ auf vielen Gebieten schädlich sei.

Erneut wird auch in die Druckerei Rüss geladen, wo bereits vor zwei Jahren zum zehnten Geburtstag des Literaturbüros rund um die Druckmaschinen Druckfrisches zum Besten gegeben wurde.

Diesmal wird am 15. Oktober in Kooperation mit dem Literaturladen Wist der Österreicher Christoph Ransmayr aus seinem neuen Roman „Der fliegende Berg“ lesen. „Er schrieb über zwei Bergsteiger, die nach Tibet aufbrechen. Da der Autor mit Reinhold Messmer befreundet ist, wird sicher die Geschichte der Messmer-Brüder darin anklingen“, mutmaßt Katarzyna Kaminska. Moderiert werde der Abend von Siegrid Löffler, der ehemaligen Mitstreiterin des „Literarischen Quartetts“.

Auch der vor zwei Jahren in Potsdam als „Artist in Residence“ weilende Hugo Hamilton aus Dublin meldet sich zurück. Er liest am 11. Oktober in der Kunsthalle Luckenwalde aus dem zweiten Teil seiner deutsch-irischen Erinnerungen „Der Matrose im Schrank“: eine Geschichte von Liebe und Hass zwischen Vater und Sohn, von unbändigem Freiheitsdrang und Sehnsucht nach Heimat.

Durch den anstehenden Umzug in die Villa Quandt kann sich das Literaturbüro in Potsdam künftig noch öffentlichkeitswirksamer präsentieren. „Mit diesem Haus am Neuen Garten, das wir gemeinsam mit dem Fontane-Archiv nutzen werden, erhalten wir einen eigenen Veranstaltungsraum. Allerdings ist erst Ende September 2007 damit zu rechnen“, so Geschäftsführer Hendrik Röder. Also wird das dreiköpfige Team solange weiter „fremd gehen“ und Literatur quer durch die Stadt säen. Heidi Jäger

www.literaturport.de (ab 21. Juli)

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