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Kultur: Ein verlorener Traum

Ab morgen erinnert eine Ausstellung im Marmorpalais an Cecilie, Deutschlands letzte Kronprinzessin

Ab morgen erinnert eine Ausstellung im Marmorpalais an Cecilie, Deutschlands letzte Kronprinzessin „Die Sonne, die muss man einlassen, die strahlende, verklärende Sonne, welche die trüben Tage hindurch dank ihrer Kraft durchleuchtet.“ Cecilie schien von dieser Sonne beseelt, glaubt man den vielen Fotos, die in der morgen beginnenden Ausstellung über die Kronprinzessin im Mamorpalais zu sehen sind. Sie zeigen eine wunderschöne, anmutig lächelnde Frau, eine glückliche Mutter und stolze Repräsentantin der Monarchie. Doch hinter dieser makellosen Fassade brodelte es heftig, konnte die preußische Selbstdisziplin nur mühsam die Wunden überdecken. Dabei war der Einzug Cecilies in das öffentliche Leben geradezu auf Rosen gebettet. 1905 heiratete die im Ostseewind aufgewachsene 18-jährige Herzogin zu Mecklenburg den preußischen Kronprinzen Wilhelm. Zehntausende kamen, um dem pompösen Ereignis beizuwohnen. Der den Frauen sehr zugeneigte Gatte war anfangs überwältigt von seiner Braut mit dem tiefschwarzen Haar, den eindrucksvollen Augen und der schlanken Figur. Doch wie über das eheliche Glück brauste auch über das politische bald ein heftiger Sturm hinweg, der manche Träume der Kaiserin im Wartestand unter sich begrub. Gerade diese Brüche sind es, die den Reiz der Ausstellung zum 50. Todestag der Kronprinzessin ausmachen und die einst umjubelte Frau aus dem Schatten der Geschichte heraustreten lassen. Nach Sophie Charlotte und Victoria ist sie die dritte Gattin aus der Hohenzollerndynastie, die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten mit einer eigenen Schau gewürdigt wird, bevor 2010 Königin Luise anlässlich ihres 200. Todestags folgt. „Wir wollen nicht nur an die Könige und Baumeister erinnern, sondern auch an die Menschen in der zweiten Reihe, die oft zu Unrecht ins Dunkel der Geschichte gedrückt wurden“, so der Generaldirektor der Stiftung, Prof. Hartmut Dorgerloh, gestern vor der Presse. Im Falle von Cecilie kann die Stiftung zur morgigen Vernissage gleich mit einer zweiten Freudenbotschaft aufwarten: die Räume des Nordflügels sind fertig restauriert und damit das komplette Innere des Marmorpalais (die Fassade folgt) im alten Glanze erlebbar. Für die Ausstellung ist damit der trefflichste Ort gewählt, denn hier verbrachte Cecilie ihre ersten kronprinzesslichen Jahre, hier brachte sie auch ihre ersten drei Söhne zur Welt. Sehr glücklich schien sie in Potsdam dennoch nicht gewesen zu sein. „Potsdam ist mir so schrecklich kleinlich, was Natur und Leben darin betrifft Es ist keine Natur, es ist Park, kleiner Wald, wo die Menschen aber schon beklemmend nahegerückt sind und jedem Baum missgönnen, dass er noch steht. Da ist keine Brandung durchgegangen, kein Wind, der einen bis auf die Knochen durchweht. Das alles beklemmt einen wie ein gefangener Vogel, der von seinem Wipfeln mit freiem Himmel träumt,“ vertraute sie ihrem Tagebuch an. Gerade nach ihrem zweijährigen Aufenthalt in der rauheren und wohl auch von herrschaftlichen Zwängen freieren Meeresstadt Danzig, wo Kronprinz Wilhelm das Leibhusarenregiment befehligte, schien ihr Potsdam besonders klein geistig. „Es gibt Zeiten wo man überhaupt nicht mehr weiß, was Sinn hat. Warum werden Menschen auf die Höhen des Lebens geführt um nachher mit einem Ruck herunterfallen zu müssen“, schrieb sie resigniert bereits 1913, fünf Jahre vor dem Ende der Monarchie. Vielleicht ahnte sie auch schon den Ausbruch des Krieges voraus. Mit ihren inzwischen vier Söhnen zog Cecilie im ersten Kriegsjahr in das Kronprinzenpalais Unter den Linden Berlin. Dort brachte sie 1915 ihre erste Tochter Alexandrine zur Welt, die mit einem Down Syndrom geboren und in die Familie mit größter Selbstverständlichkeit integriert wurde. Auf Weisung ihrer Schwiegermutter Kaiserin Auguste Victoria nahm Cecilie während der Kriegsjahre verschiedene Lazaretts in ihre persönliche Fürsorge. Im Kronprinzenpalais richtete sie eine „Nähstube“ ein, wo Offiziersfrauen zum Anfertigen von Verbandszeug und Lazarettanzügen zusammen kamen. Das Schloss Oels in Schlesien verwandelte Cecilie in ein Lazarett. Im Mittelpunkt ihrer karitativen Hilfe aber stand die „Cecilienhilfe“, die Bedürftigen zugute kam, die ihre Not nicht öffentlich machen wollten. Die Verantwortung für die Kinder trug Cecilie während der Kriegsjahre allein. Ihr Mann kämpfte vor Verdun. Zur Politik äußerte sich Cecilie nicht. „So bin ich in jenen Jahren dem Verständnis der großen Weltkonstellation durch Gedankenaustausch, Lektüre und eigene Beobachtung näher gekommen, ohne je die Rolle einer politischen Frau spielen zu wollen.“ Doch Cecilie war selbstbestimmt genug, ihren eigenen Weg zu suchen. Als der Kaiser abdanken musste und auch ihr Mann auf der holländischen Insel Wieringen Exil fand, blieb sie mit ihren inzwischen sechs Kindern im Schloss Cecilienhof wohnen. „Wir sind Deutsche, und wir haben die glücklichen Jahre im Vaterland verlebt; jetzt wollen wir auch die Not teilen.“ Cecilie hoffte dabei natürlich auf die Wiedereinführung der Monarchie. Couragiert kämpfte die Frau um einen Teil ihres Besitzes, wie um das Thronlehn Oels in Schlesien – und war erfolgreich. Als dann die Nationalsozialisten im Kommen waren, setzte Cecilie für kurze Zeit ihre Hoffnung auf sie. Auch dieses ambivalente Verhältnis zwischen Monarchie und Diktatur macht die Ausstellung deutlich. Cecilie wurde Schirmherrin über den deutsch-nationalen „Bund Königin Luise“ und als der Kronprinz erwog, 1932 für das Amt des Reichspräsidenten zu kandidieren, riet Cecilie ihm zu. Doch der Exkaiser untersagte dem Sohn sein Ansinnen. Nach anfänglicher Anbiederung schränkte Hitler alsbald den Einfluss der Hohenzollern ein. Cecilie lebte nach Kriegsausbruch überwiegend in Oels und trat nur noch selten öffentlich in Erscheinung, so bei der Beerdigung ihres ältesten Sohnes Wilhelm 1940, der in Verdun fiel. Am 2. Februar 1945 floh Cecilie vor der Roten Armee. Ein dicker Zobelmantel – ein Geschenk ihrer russischen Zarenverwandtschaft – sowie die Fahrkarte und Quittung über 13 Gepäckstücke erinnern in der Ausstellung an diese Flucht nach Bad Kissingen. Die rund 300 Exponate, darunter viele Fotos, Depeschen und Gemälde, zeichnen diesen von Enttäuschungen gepflasterten Lebensweg beredt nach. Da gibt es anfänglich sehr kostbare Stücke Ceciliens zu sehen, wie das mit Juwelen besetzte Mäander-Diadem, das Wilhelm selbst entwarf und seiner Braut am Tage der Hochzeit im Berliner Schloss überreichte. Gern schaut man in das so genannte Kaiserpanorama, das den Einzug Cecilies als Braut des Kronprinzen plastisch vor Augen führt. Auch zwei Tafelaufsätze sind wunderschön anzusehen. Eines hat das Paar indes nie erhalten: den kompletten Hochzeitszug von Adolph Amberg aus Berliner Porzellan. Dieses Geschenk der preußischen Städte wurde erst 1913 fertig gestellt und durch die Kriegswirren nie überreicht. Heute gehört es dem Senat von Berlin. Im deutlichen Gegensatz zu diesen kostbaren Stücken steht der schlichte Tischschmuck, der Cecilies letzten Wohnsitz in Stuttgart zierte: ein silberner Blumentopf in Form eines Schwans. Besonders nahe rückt die Kronprinzessin jedoch an der „Hörstation“, die ihre Tagebuchnotizen von 1913/1914 akustisch erlebbar macht. „Cecilie hat ihr ganzes Leben einem Ziel unterworfen: deutsche Kaiserin zu werden. Dafür ertrug sie ohne Murren die Affären ihres Mannes, ließ sich von der kaiserlichen Hofpropaganda vereinnahmen, die sie selbst auf Zigarettenblechschachteln mitsamt ihren Kindern abbildete. Mit bewunderswerter Haltung begrub Cecilie schließlich diesen Traum von einer Kaiserin“, so Prof. Dorgerloh. Als sie 1954 starb, erinnerte sich kaum noch jemand an die einst so populäre Kronprinzessin. Heidi Jäger Die Ausstellung im Marmorpalais, Neuer Garten, ist bis 1. August zu sehen: Mo bis So 10 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung gibt es einen Katalog für 12 Euro.

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