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Kultur: Eilen und Hasten

Im Palmensaal: Wilhelmina als Musikmäzenin

Im Palmensaal: Wilhelmina als Musikmäzenin In der Orangerie im Neuen Garten servierten während der Muskfestspiele das holländische Ensemble ’T Uitnement Kabinet und die Sopranistin Franciska Dukel schwere Kost. Bei hochdramatischen Bravourarien, gefährlich klingenden Streichern, hohen Tempi und lauten Tönen war es mit dem lauschigen Ambiente im ehemaligen Musiksaal von König Friedrich Wilhelm II. schnell vorbei. Es galt, ein historisches Programm zu absolvieren, dass die Musikkultur am Hofe der niederländischen Prinzessin Wilhelmina spiegelte. Die Schwester des „dicken Wilhelm“, wie man den Musik- und Frauenliebhaber auf dem Thron nannte, war musikbegeistert und -begabt wie dieser. So ergab sich ein intensiver Austausch von Musikern und Komponisten. Die neuesten Opern von Johann Gottlieb Graun, Johann Gottlieb Naumann und Johann Friedrich Reichardt wurden an den Höfen und Opernhäusern von Berlin und Den Haag gegeben. Leider krankte das Konzert an seiner exempelhaften Zusammenstellung und an nachlässiger Durchführung. So setzten Musiker und Sängerin einfach in der Mitte der Kantate „O Dio fileno“ von Graun ein – mit der Begründung, dass sie „zu lang wäre“. Mitten im größten Furioso-Tumult zu beginnen, verlangt nicht nur viel von der Solistin, sondern auch vom Zuhörer, der quasi ohne Vorwarnung von ohrenbetäubendem Schmettern und Schlagen überfallen wird. Denn wir sind mitten im Gefecht, im Wahnsinn, in der Raserei der unglücklichen Irene, die in den Versen von Pietro Metastasio darum kämpft, dass ihr Geliebter nicht in den grausamen Krieg ziehen möge. Von aufbrausender Verzweiflung kündet auch die Arie der Medea aus Naumanns gleichnamiger Oper. Bei dieser hochdramatischen Bravourarie sowie bei der folgenden Arie der Ostilia aus Reichardts „Brenno“ fährt die Stimme Achterbahn durch Register und Koloraturen. Die Solistin Franciska Dukel singt mit voluminösem Mezzo con brio, adäquat, hart und heroisch. Zu einer Tour de Force geraten leider auch die instrumentalen Stücke. Der Pianist Pieter Jan Belder präsentiert zwei Sätze aus Anton Stamitz Konzert A-Dur am Pianoforte, auch dies geschieht im Zeichen von „Eilen und Hasten“. Sogar das zierliche Rondeau wird zur Begleitung von ungewöhnlich schrägen Streicherakkorden eilends abgespult. Das Zusammenspiel des wohl eigens für dieses Konzert zusammengestellten Ensembles ging nicht über besseres Musikschulniveau hinaus. B. Kaiserkern

B. Kaiserkern

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