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Kultur: Die Seele hungert nach Liebe

Dichter Andrang beim „arche“- Vortrag mit Psychotherapeutin Christa Meves über die neuen Seelenkrankheiten

Dichter Andrang beim „arche“- Vortrag mit Psychotherapeutin Christa Meves über die neuen Seelenkrankheiten Mit der prominenten Psychologin und Psychotherapeutin Christa Meves aus Uelzen hatte die „arche" am Dienstag ein so volles Haus, wie es nur Günther Jauch einst möglich machte. Himmel und Menschen kamen, man saß bis in den Gang hinein gedrängt. Dabei fasste sie „Die neuen Seelenkrankheiten" weniger medizinisch, eher als Anlass, über zwei volle Stunden eine christlich wohlbedachte Gesellschafts-Anamnese vorzutragen, bisweilen mit appellativ-charismatischen Zügen. Ob Bulimie oder Magersucht, Alkoholismus oder Drogen, Rauchen, Sex oder Spielwut – sie alle wiesen auf Defizite in der menschlichen Seele hin, was ihr jahrzehntelange Praxis genauso bestätige wie neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung. „Seit 35 Jahren sind wir eine Suchtgesellschaft geworden!" Sie glaubt der modernen Wissenschaft und der Statistik: Drei Millionen Alkoholiker sind in Deutschland registriert, genauso viele „Fress-Süchtige", denen eine halbe Million krankhaft magerer Menschen entgegenstehen. Über die Hirn und Nieren schädigenden Extasy-Pillen fehlen exakte Zahlen. Der Trend zur Sucht sei weltweit: 40 Millionen Alkoholkranke wurden schon 1987 aus der Sowjetunion gemeldet, die USA unter Bush geben eine „Durchseuchung mit Rauschgift aller Art" für 25 Millionen ihrer Bürger an. Viermal so viele müssten dazugerechnet werden, ergänzte die Psychologin – die Angehörigen in Pflege und Sorge. Als Praktikerin fasst sie alle „neuen Seelenkrankheiten" als „Neurotische Depressionen" zusammen, lässt sie aber theoretisch einem Quell entspringen: „Die Seele hungert nach Liebe!" Folglich pendeln liebe-leere Menschen verzweifelt zwischen Resignation und irgendeiner Sucht, die immer auch „Suche" ist. Als sie 1949 ihre Examensarbeit über die „Unterschiede zwischen Mann und Frau" schrieb, gab es kein „Drogenproblem", als sie 1969, eine „nette Praxis in der Lüneburger Heide" führte, war sie entsetzt, wie die Ideologen der 68-er samt ihrer Adlaten alles verdrehten: „Sagen Sie mir, warum sollten Mann und Frau unbedingt gleich sein?" Ob Staats-Krippen im Osten oder antiautoritäre „Kinderläden" im Westen, beides war der falsche Weg. Der Einzelne sei auf Dualität angelegt (wie auch die Liebe), damit er die „Masse" überhaupt erträgt. Zwei sind Mutter und Kind, und hier fange alles an: Wo die Frau ihre Mutterrolle vernachlässige, werde der kindlichen Seele bis zum 12. Jahr bleibender Schaden zugefügt. Ab dem 16. kämen dann, nicht selten wie aus heiterem Himmel, solche oft irreparablen Morbi hervor, eine Belastung für die Kassen. Gute Mediziner wissen, wie sich Seelenkrankheiten körperlich materialisieren. Auch sie erlebt es täglich: Immer fehlte die Liebe. Anders als jeder Gärtner die Blume, pflege der Mensch die Seinen oft nicht nach ihrem Bedürfnis. Egoismus, Karriere, Geltungs-Sucht verhinderten die Zuwendung zum heranwachsenden Kind, für das jede Mutter verantwortlich ist. „Sie haben uns 35 Jahre lang Lügen aufgetischt", die Mutterrolle ("eine Frau sei doch keine Milchkuh!") geschändet, mit ihrer Gleichmacherei! So viel Konservativismus wird keinem investigativem „Alt-68-er" schmecken! Auch die Umweltschäden gehen für Meves mit der „Ursünde" zusammen, dem Stolz: „Wir haben uns in den letzten 35 Jahren hochmütig angemaßt, alles alleine regeln zu wollen!" Ihr Therapieansatz ist sehr praktisch: „Wir müssen dem Seelenhunger vorbeugen" – durch die Gabe der Liebe, durch das Vorbild der Eltern, mit dem Kostbarsten, was wir haben: Die Mutter nimmt sich Zeit für die Tochter, der Vater Zeit für den Sohn, um sie auf ihre geschlechtsspezifischen Aufgaben im Leben vorzubereiten; die Großeltern aber für beide. Auf die Mutter komme es an, sie sei ihrem Kind die eine Bezugsperson, Väter könnten eigentlich „nur helfen". Darüber habe sie hundert Bücher, tausende Aufsätze geschrieben, ungezählte Vorträge gehalten, wie diesen gegen den „Zeitgeist" gesprochenen. Auch Anfeindungen der „Fortschrittlicheren" ertragen. „Sagen Sie ja nicht, Sie könnten nichts tun. Fangen Sie zu Hause an, in Ihrem Alltag!" Hinwendung und Liebe, wie Jesus sie „empfahl". Ohne sie ist der Mensch „tierischer als jedes Tier" (Goethe). Weg vom Fernseher, wo es „positive Impulse" kaum noch gibt, hin zu seinem Nächsten. Als sie Umkehr und Gottesfurcht eingefordert hatte, rief sie Junge und Alte freilich auf die sprichwörtliche „Barrikade", zur Rettung des Abendlandes: „Wir brauchen eine christliche Kulturrevolution!" Das war nun übertrieben, weil gegen die Liebe gesagt, nach der es auch eine „68-er"- Seele hungert. Was sie begehrt, das sucht sie mit all ihrer Kraft, oft verzweifelt, und gar nicht selten vergebens. Die Diskussion ist offen. Gerold Paul

Gerold Paul

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