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Kultur: Den Tücken getrotzt

Silvesterkonzert mit der Philharmonie 2000 in der Nikolaikirche

Silvesterkonzert mit der Philharmonie 2000 in der Nikolaikirche An ihrem „originellen Charakter“ wie an der „edlen Simplizität“ von Ludwig van Beethovens 4. Sinfonie B-Dur op. 60 finden nicht nur die Zeitgenossen viel Gefallen. Auch die Nachgeborenen schwärmen von ihr. Zusammen mit der knapp zwanzig Jahre zuvor entstandenen „Jupiter“-Sinfonie C-Dur KV 551 von Wolfgang Amadeus Mozart, die gleichfalls zu erklärten Lieblingskindern der Musikfreunde gehört, steht sie auf dem Silvester-Programm der Philharmonie 2000. Sie wird von Nikolaikantor Björn O. Wiede geleitet und verabschiedet traditionell das alte Jahr. Es muss eben nicht immer die „Neunte“ sein, damit man sich neue Ideen für die vielen guten Vorsätze fürs kommende Jahr gewinne. Die Nikolaikirche ist ausverkauft. Das Orchester ist je zur Hälfte mit Studenten der Berliner Musikhochschulen und freischaffenden Musikern besetzt, gewinnt sich aus dieser Konstellation seine innere Begeisterung und Spielfreude. Den erwartungsfroh gestimmten Zuhörern teilt sich“s unmittelbar mit. Dafür sorgt das konzentrierte Dirigat Wiedes, der zu präzisem Zusammenspiel anspornt und seine Deutungsabsichten auf warm und weich getönte Klangvorstellungen aufbaut. Unter den komplizierten akustischen Bedingungen ist es nicht immer einfach, mit einem klaren, die Details genau ausforschenden Musizieren zu überzeugen. Doch das unbeabsichtigte Verschmelzen der Instrumente hat auch sein Gutes: kleinere spielerische Unsicherheiten der Eleven und Gestandenen gehen im Klangmeer einfach unter. Leise und langsam: das ist im Andante cantabile-Satz von Mozarts „Jupiter“-Sinfonie ein gutes Gespann, der sich in großer Ruhe aussingen kann. Die Musik erhält genügend Zeit zum ebenmäßigen Atmen und Ausschwingen, um im Nachhall dennoch ihre Feinheiten zu offenbaren. Auch die schmerzerfüllten und herben Moll-Episoden profitieren davon. Es fällt nicht nur hier auf, wie ausgewogen es in und zwischen den einzelnen Instrumentengruppen zugeht. In den schnellen Ecksätzen dominiert ein energisches, festliches Musizieren, das die Konflikte dramatisch auslotet, aber kein Forcieren kennt. Auch in Beethovens „Vierter“ haben es die Geigen in Pianostellen leicht, zart zu klingen und für Durchhörbarkeit im gesamten Klangapparat zu sorgen. Doch zunehmend haben sie unter den von draußen hereinklingenden zischenden und böllernden Raketengeräuschen zu leiden. Paroli wird ihnen jedoch durch die temperamentvoll auftrumpfenden Sätze geboten. Die Adagio-Einleitung des ersten Satzes gibt sich unter Wiedes knappen Gesten geheimnisvoll und kräftesammelnd, um – guter Übergang! – sich in die Quirligkeit des Allegro vivace zu entladen. Das Adagio singt sich, ähnlich wie zuvor bei Mozart gehört, in großer Ruhe und rhythmisch pointiert aus. Scherzo und Finale scheinen im schier unversieglichen Entwicklungsfluss der Klangfiguren vor turbulentem Treiben nur so zu bersten. Im (überkonzentrierten) Bemühen, es besonders gut zu machen, gibt es bei einigen Holzbläsern gelegentliche Intonationsprobleme. Ja nun, dem überzeugenden Gesamteindruck tut“s keinen Abbruch. Mit dem Dacapo des vierten Satzes danken die Musiker dem stürmischen Beifall des Publikums, das fröhlich gestimmt und bereit ist, dem neuen Jahr ein fröhliches Willkommen zu entbieten.

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