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Landeshauptstadt: „Zwangsheirat“ für Chill Out und AWO

Kooperation für Suchtberatung / Salus-Klinik: Darauf vertraut, dass der Beste Zuschlag bekommt

Kooperation für Suchtberatung / Salus-Klinik: Darauf vertraut, dass der Beste Zuschlag bekommt Der Verein Chill Out und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) haben ihre zweite Chance genutzt: Die beiden Potsdamer Träger werden am 1. April gemeinsam die Suchtberatung und -prävention in der Landeshauptstadt übernehmen. Man habe „sachlich“ die Basis für eine Kooperation ausgehandelt, sagte AWO-Geschäftsführerin Angela Basekow. Bis April wollen beide Träger ihre Konzepte ausarbeiten und einen Vertrag unterschreiben. Zudem müssen die Stadtverordneten dem Trägerwechsel noch zustimmen. Ende 2003 waren Chill Out und AWO bei den Vergabeverfahren für die Suchtberatung und die Suchtprävention mit ihren Bewerbungen jeweils nur auf dem zweiten Platz gelandet. Auch an eine Kooperation hatten die beiden Träger ursprünglich nicht gedacht, Chill Out hatte sich im Verbund mit einem anderen Partner beworben, jedoch das von der Stadt vorgegebene Budget von 196 288 Euro überzogen. Anstatt die Suchthilfe der aus einem komplizierten Bewertungsverfahren als Favorit hervorgegangenen brandenburgischen Salus-Klinik zu übergeben, eröffnete die Verwaltung – offensichtlich auf politischen Druck hin – AWO und Chill Out noch eine zweite Chance. Die Potsdamer Träger befänden sich in einer „Sondersituation“, befand die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos). Sie sollten sich zusammentun und vor allem den Finanzrahmen einhalten. Vorgesehen ist, dass Chill Out e.V. die Suchtpräventionsstelle übernimmt. Dies könne allerdings aus finanziellen Gründen nicht in der bisherigen Beratungsstelle in der Feuerbachstraße geschehen. „Wir suchen einen anderen Ort und sind auf einem guten Weg“, sagte Chill Out-Chef Frank Prinz-Schubert. Zudem musste der Verein eine Kürzung des Personals um die Hälfte hinnehmen. Momentan besetzen zwei Mitarbeiter anderthalb Stellen, „das ist machbar, aber es ist das absolut unterste Level“. Die AWO wird die „Ambulante Beratungs- und Behandlungsstelle für Suchtkranke und Suchtgefährdete“ weiterführen, dies soll am jetzigen Standort in der Berliner Straße 132 geschehen. Vorgesehen ist eine Personalstelle, die sich laut AWO-Chefin Basekow 2,75 Personalkräfte teilen werden. Damit fehlen 2,5 Personalstellen, mit denen vorher die Beratungsstelle des Diakonischen Werks aufwarten konnte. „Wir trauern der Diakonie und ihren Stellen hinterher“, so Basekow. Die Streichungen bei der Suchthilfe waren notwendig geworden, nachdem die Landeszuschüsse für die Suchtberatung von 74 000 Euro auf 43 500 Euro in 2004 gekürzt worden waren. Für die Prävention fallen laut Stadtverwaltung zusätzlich Gelder aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz in Höhe von 43 000 Euro weg. Eine Ausschreibung der Suchtberatung und -prävention war im Herbst gescheitert, da kein Bewerber den Finanzrahmen eingehalten hatte. Beim Gewinner des anonymisierten Bewertungsverfahrens, in der Salus-Klinik im brandenburgischen Lindow, zeigte man sich gestern verwundert über die Potsdamer Entscheidung. „Wir hätten es gerne gemacht und haben darauf vertraut, dass der Beste den Zuschlag bekommt“, sagte Klinik-Geschäftsführer Johannes Lindenmeyer. Er wünsche sich, dass künftig „nicht so ein Zirkus“ um die Vergabe gemacht werde, wenn die Stadt sich doch anders entscheide. Die Bewerbung der Salus-Klinik sei benutzt worden, „um andere unter Druck zu setzen“. Dies sei nicht beabsichtigt gewesen, so Lindenmeyer. Man wünsche AWO und Chill Out „viel Glück und Erfolg“ in ihrer „Zwangsheirat“ und werde gut mit ihnen zusammenarbeiten. Die Salus-Klinik hatte sich mit einer „integrativen Versorgung“ beworben, bei dem Therapie, Beratung und Betreuung aus einer Hand kommen sollten. Sabine Schicketanz

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