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Homepage: „Wir suchen den Glanz in den Augen“

Eran Davidson kam als Leiter von Hasso Plattner Ventures aus Israel nach Potsdam. Ein Gespräch

Herr Davidson, Sie sind seit Sommer 2005 in Potsdam. Der Winter hat uns fünf Monate Frost beschert. Wie hält das ein Israeli aus?

Alle haben mich auf dieses Wetter vorbereitet. Für uns ist es ein großes Abenteuer. Wir haben so viel Sonne in Israel, dass Schnee für uns etwas ganz Besonderes ist. Wir suchen immer das kalte Wetter, wir genießen das. Und wir wissen, dass die Sonne auf uns in Israel wartet.

Das Wetter spielt für Ihr Vorhaben sicher auch kaum eine Rolle.

Es ist vielleicht ein kalter Winter gewesen, was wir aber brauchen sind warmherzige Menschen. Und die haben wir in den vergangenen Monaten hier in großer Zahl gefunden. Wir fühlen uns wesentlich wohler, als wir erwartet hatten. Man sagt, die Deutschen seien sehr formal. Das stimmt aber nicht. Wenn sie einen Auslöser haben, werden sie sehr locker. Solch ein Auslöser will ich gerne sein. Zur Eröffnung unserer Villa habe ich die Krawatte ausgezogen und alle dazu eingeladen, sich ebenfalls locker zu machen. Viele haben gleich dankbar mitgemacht. Das Eis war schnell gebrochen.

Was hat das mit Hasso Plattner Ventures zu tun?

Es gibt auch hier unter jungen Menschen einen Trend, weniger formal und stärker kreativ zu sein, mit den alten Bindungen zu brechen. Es gibt in Deutschland zu viele Regulierungen. Jetzt suchen gerade junge Unternehmer neue Wege, um ihre Ideen auf den Weg zu bringen. Ich bin sehr froh, dass ich dabei behilflich sein kann. Das ist der Grund, wieso ich hier bin. Ich denke, das ist auch einer der Gründe, wieso Hasso Plattner mich für den Job ausgesucht hat. Er hat gesehen, wie unkonventionell wir in Israel solche Gründerzentren betreiben.

Wie hat SAP-Gründer Plattner Sie davon überzeugt, nach Deutschland zu kommen?

Die Antwort ist einfach. Wenn Herr Plattner sich etwas in den Kopf gesetzt hat, kann ihn nichts mehr stoppen. Es war seine Entscheidung, dass ich mit ihm Hasso Plattner Ventures leite. Da gab es nichts zu diskutieren. Er ist ein Mann mit Visionen, der seine Ziele durchsetzt. Für mich war es auch eine neue Herausforderung, solch einen Gründer-Pool auf Grundlage von Risikokapital in Deutschland zum Erfolg zu bringen. Wenn ich das – wie in den vergangenen zehn Jahren – in Israel oder den USA machen würde, wäre ich einer von hundert professionellen Venture-Capital-Managern. Hier bin ich praktisch der einzige, der einen Risikokapital-Fonds mit einem Inkubator, einem „Brutkasten“ für Firmen kombiniert. Das motiviert mich.

Was wussten Sie von Potsdam, bevor Sie her kamen?

Absolut gar nichts. Ich kannte gerade mal ein wenig von Berlin. Ich wusste nur, dass die Deutschen Israel unterstützen, Freunde von uns sind. Das gab mir ein gutes Gefühl.

Sie haben familiäre Wurzeln in Europa?

Ich hatte Vorfahren in Polen und Russland, die Familie in Polen verlor im Zweiten Weltkrieg alle ihre Mitglieder. Eigentlich stamme ich also aus Osteuropa.

Was ist das für ein Gefühl, nun in dem Land zu sein, das den Holocaust zu verantworten hat?

Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich sehe aber eine neue Zeit zwischen den Israelis und den Deutschen. Die junge Generation in Deutschland hat nichts mehr mit der NS-Zeit zu tun. Und sie ignorieren nicht die schmerzhafte Frage nach dem Holocaust. Das ist sehr wichtig.

Ihre Vorfahren waren Unternehmer?

Selbstverständlich! Und auch ich bin ein Unternehmer.

Sie kamen nicht alleine nach Potsdam.

Meine Frau und meine drei Kinder sind mit mir hier her gezogen. Wir leben in Dahlem, nicht weit von Griebnitzsee. In Berlin gibt es mehr Kultur und Nachtleben. Aber Potsdam ist der bessere Ort für die Arbeit. Hier haben wir die ruhige Atmosphäre, die wir brauchen.

Wie sehen Sie den Standort?

Potsdam und das Land Brandenburg durchleben derzeit einen starken, positiven Wandel. Ministerpräsident Platzeck und Potsdams Oberbürgermeister Jakobs haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die langfristige Wirkung von Ansiedlungen wie eBay, Microsoft, Oracle und natürlich von Hasso Plattners Aktivitäten ist gar nicht zu unterschätzen. Hier wächst eine High-Tech-Community. Und es kommen noch mehr. Ich denke, es ist ein großer Fehler, dass Berlin daran nicht partizipiert.

Ihr Inkubator ist Teil diese Wandels?

Durchaus. Wir haben aber unsere Strategie geändert. Wir werden nicht als Inkubator sondern als High-Tech-Park starten. Wir werden pro Jahr etwa fünf Start-Up-Unternehmen unsere spezielle Hilfe und finanzielle Förderung geben. Wir haben die besten Berater und Coaches anzubieten, ohne dass wir dafür eine Gegenleistung erwarten. Es soll kein Geld in den Fonds zurück fließen, was bei einem Inkubator der Fall ist. Wir achten darauf, dass die Unternehmen erfolgreich werden. Dafür brauchen sie viel Hilfe. Wir stellen die Verbindung zwischen den Firmen und den Coaches her.

Im Fonds sollen 50 Millionen Euro sein.

Damit werden wir arbeiten. Bis zu vier Millionen Euro Förderung kann eine Firma erhalten. Wenn sie Pleite geht, ist das unser Risiko.

Was ist das Ziel?

Wir sind hier, um das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland anzukurbeln. Wir wollen das Wachstum von Start-Up-Firmen ermöglichen, wir unterstützen Unternehmer zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Wenn sie mit einer guten Idee kommen, brauchen sie nicht einmal einen Businessplan. Der wird dann mit uns aufgestellt. Wir haben schon zwei Unternehmen im Auge. Ein Vertrag ist bereits unterzeichnet, am Ende des Jahres werden wir fünf Firmen im Portfolio haben. Wir denken auch global. Neben dem lokalen Markt zählt der weltweite Markt. Das fördern wir von Beginn an. Wenn wir sehen, dass eine Sache sich dazu nicht eignet, fördern wir sie nicht.

Wie suchen Sie die Leute aus?

Wir haben nun schon über 150 Gründer getroffen. Von diesen suchen wir zehn Prozent aus, aus denen das Investment Committee dann schließlich die Besten wählt. Neben der guten Idee gibt es noch einen einzigen, den wichtigsten Faktor: den menschlichen. Wir suchen Personen mit dem bestimmten Glanz in den Augen, die Leidenschaft für das Unternehmer-Dasein haben. Derjenige muss seine Idee auch in ein Produkt umsetzen und verkaufen können. Das verlangt verschiedene Talente gleichzeitig. Das kann keine Uni der Welt vermitteln: den Unternehmer-Geist hat man oder man hat ihn eben nicht. Neben einer langen Liste von anderen Faktoren suchen wir danach.

Sie suchen nach IT-Innovationen?

Unser Fokus ist Software. Was Innovation ist, lerne ich täglich von den Unternehmern selbst. Ich habe keine Liste. Ich suche nach etwas, das niemand zuvor gemacht hat. Mein Job ist, Leute zu finden, die Ideen für neue, intelligente Software-Anwendungen haben. Das können Computerspiele sein, das können Systeme für die Autoindustrie sein oder neue Software für den Internethandel. Wir müssen der Konkurrenz drei bis fünf Jahre voraus sein, die Zeit auf dem Markt drängt heute sehr. Wir müssen mit dem richtigen Produkt zum passenden Zeitpunkt auf den Markt kommen. Und es muss in einem Nischenmarkt platziert werden, den die großen Firmen nicht wahrnehmen. Deutschland ist der richtige Ort dafür, es gibt ein sehr hohes Niveau der Wissenschaft und Technologie, weltweit ist man hier an der Spitze. Die Deutschen nehmen sehr ernst, was sie machen. Der nächste Schritt ist, daraus einen globalen Erfolg zu machen. Dabei helfen wir.

Sicher kein selbstloses Unterfangen?

Unser oberstes Ziel ist, den Unternehmergeist wieder nach Deutschland zurück zu bringen. Wir wollen jungen Unternehmern den Sprung auf den Weltmarkt ermöglichen. Wir wollen sie unterstützen und ermutigen. Wir sind der Auslöser. Jeder wird davon profitieren, die Firmen, das Land und unser Unternehmen. Darum geht es Hasso Plattner. Nur darum. Für mich geht es um das finanzielle Ziel. Ich muss exzellente Investments erreichen.

Sie verlassen Potsdam wieder, wenn HPV angelaufen ist?

Ich habe Herrn Plattner und Herrn Platzeck versprochen, dass ich nicht zurückgehe, bevor das Unternehmen sehr erfolgreich ist. Das kann drei, vier oder fünf Jahre dauern.

Das Gespräch führte und übersetzte aus dem Englischen Jan Kixmüller

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